Kommentar: Fanarbeit beim SCP? Fehlanzeige!

Fans der Fiffi-Gerritzen-Kurve
Fans der Fiffi-Gerritzen-Kurve

In einer Woche startet die Drittligasaison 2014/15 für den SCP mit dem Heimspiel gegen Hansa Rostock. Ein volles Preußenstadion, gute Stimmung, gutes Wetter. Darauf haben sich alle gefreut. Doch der Schein trügt: Zwei Wochen vor Saisonbeginn benachrichtigte der Verein seine Fans. Es gibt neue, straffere Regeln, an die sich alle halten müssen. Besonders davon betroffen sind die Ultras.

Die neuen Maßnahmen

Doppelhalter sind im Preußenstadion zukünftig komplett verboten, Fahnen mit einer Stocklänge von mehr als zwei Metern sowie Zaunfahnen und Banner dürfen nur noch personalisiert, das heißt mit einem Fahnenpass ins Stadion genommen werden. Verkaufsstände der Ultras über Block M und Block N sind in der neuen Saison verboten. Die Brandschutzbestimmungen lassen dies nicht mehr zu, heißt es. In den Blöcken dürfen keine Flyer oder Ähnliches mehr verteilt werden.

Doch was ist überhaupt ein Fahnenpass?

Bereits bei der Saisoneröffnung lagen diese Pässe aus. Ein Fan, der eine Fahne (Stocklänge mehr als zwei Meter) oder eine Zaunfahne/Banner mit ins Preußenstadion nehmen möchte, muss auf diesem Pass, der nur ein Blatt Papier ist, seine persönlichen Daten sowie den Fahnentyp und eine Beschreibung der Fahne angeben. Außerdem erklärt er sich mit diesen Bestimmungen einverstanden:

Der Fahnenpass ist nicht übertragbar. Der Inhaber verpflichtet sich, mit der Fahne verantwortungsvoll umzugehen und sich an die Stadionordnung zu halten. Um Missbrauch auszuschließen, ist der Verlust des Fahnenpasses dem SC Preußen Münster 06 e.V. unverzüglich mitzuteilen. Wird ein Vergehen im Zusammenhang mit der Fahne festgestellt, kann diese zukünftig nicht mehr zugelassen werden, der Fahnenpass wird entzogen und dem bisherigen Inhaber des Fahnenpasses ein Stadionverbot erteilt. Als Vergehen gilt neben einem Verstoß gegen die Stadionordnung auch das Verdecken von Personen, die pyrotechnische Gegenstände abbrennen oder das Abbrennen vorbereiten. In diesen Fällen kann sich derjenige, der mit der Fahne umgeht, wegen eines Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz und/oder wegen gefährlicher Körperverletzung strafbar machen. Der SC Preußen Münster 06 e.V. stellt bei derartigen Vorkommnissen Strafantrag und teilt der Polizei die Personalien des Inhabers des Fahnenpasses mit.

Die wiederholten Verstöße gegen die Stadionordnung sind wohl die Gründe für diese Maßnahmen. Keine Frage – hier wurden auch auf den Rängen Fehler gemacht. 17 Pyro-Vorfälle in der vergangenen Saison und 60.000 Euro Strafe aus den vergangenen beiden Spielzeiten waren zu viel. Da wurde eine Grenze überschritten und es ist klar, dass sich der Verein Sorgen macht.

Doch sind diese Maßnahmen verhältnismäßig? Und wie sieht es überhaupt aus, das Verhältnis zwischen Fans und Verein?

Traurige Wahrheit: Es gibt eigentlich kein richtiges Verhältnis. Schon seit einiger Zeit gibt es keine Gespräche mehr. Carsten Gockel betont, dass sie mehr Gespräche erwarten. Er beklagt, dass Fanvertreter und Betroffene nie die freien Plätze am Tisch zur Stadionsicherheit eingenommen hätten. Doch wie passt das zusammen? Neue Maßnahmen werden beschlossen, ohne den Einfluss von Fanvertretern. Zwei Wochen vor Saisonstart wurden die Fans vor vollendete Tatsachen gestellt. Nicht einmal das Fanprojekt war in die Entscheidungen involviert gewesen. Gockel sagt:

Unsere Maßnahmen sind mit allen Beteiligten abgestimmt, da gibt es nichts zu verstecken.

Zählen die Fans nicht dazu? Wer Kommunikation fordert, muss vielleicht auch mal einen Schritt auf die Fans zugehen. Andere Vereine leben das vor: Leute aus den Vorständen gehen zu den Fans, teilweise sogar in die Blöcke, und reden miteinander. In Münster ist das undenkbar. Wie der User „4400“ im Westline-Forum fast richtig beschrieb (Busse nach Offenbach wurden vom Verein organisiert), gewinnen die Fans den Eindruck, in einer Parallelwelt zu leben.

Das fing ja schon 2006 im Jubiläumsjahr an, dass es keine Feierlichkeit seitens des SCP für die normale Fanszene gab oder das normale Vereinsmitglied. Der Verein hat seit Jahren keine aktive Fanarbeit (keine Sonderzüge, keine Busse, keine Fan-Party, keine Fankluborganisation, kein Dankeschön). Das Fanprojekt wird von Fans für Fans mit Leben gefüllt und wird vom Vorstand des SCP als Rettungsanker, als Prellblock und als, bildsprachlich, Putzfrau vergewaltigt.

Als Fan gewinnt man den Eindruck, dass der Verein so langsam anfängt, die treuen Fans, also die, die auch in der vierten Liga bei jedem Scheißspiel da waren (und das waren vor allem auswärts nun mal die Ultras) nicht mehr ernst zu nehmen. Das Pokal-Los Bayern München, die vielen Sponsoren und der Dauerkartenrekord tragen dazu bei, dass die aktiven Fans auf einmal nicht mehr wichtig sind. Das Stadion wird nun auch so voll, ohne Ultras spart man ja sogar noch an den dann nicht mehr vorhandenen Pyrostrafen. Anders sind diese neuen Maßnahmen nicht zu verstehen. Ein „Ultimatum“ gab es bereits vom DFB. Beim nächsten Pyrovorfall droht die Sperre der Ostkurve. Warum muss der Verein den Fans jetzt Dinge verbieten und vorschreiben, die mit der eigentlichen Sache, dem verhindern von Pyrotechnik, nichts mehr zu tun haben?

Für viele klingen die Maßnahmen nicht so schlimm. Doch im Prinzip ist kein optischer Support ohne irgendwelche Genehmigungen mehr möglich. Es wird keine spontanen Reaktionen in Form von Spruchbändern mehr geben, da diese zehn Tage vor dem Spiel angemeldet werden müssen. Die Finanzierung von Choreos wird deutlich erschwert, da die Verkaufsstände nicht mehr im Stadion stehen dürfen. Keine Einnahmen mehr durch Sticker-Verkäufe oder das Verkaufen eines Infoheftes. Das Argument des Brandschutzes ist dabei sehr scheinheilig. Zudem fragt man sich nach dem Sinn dieser Verbote. Wenn eine Choreo genehmigt wird, kann ja wieder Pyrotechnik gezündet werden. Und spätestens seit dem Derby gegen Osnabrück müsste man wissen, dass Verbote nichts verhindern.

Seit Jahren gibt es für die aktiven Fans keine Unterstützung mehr vom Verein. Seit der Stürmung des Curva-Hauses 2008, als sich der Verein nicht auf die Seite der Curva gestellt hat, herrscht im Prinzip Eiszeit. Die Vereinsführung sieht das Ganze sehr einseitig: Ultras schaden dem Verein und sind daher nicht mehr zu gebrauchen. Die positiven Seiten, die positiven Aktionen und Aspekte der Ultrabewegung werden dabei komplett außen vor gelassen.

Die Fanarbeit beim SCP ist mangelhaft, wenn nicht sogar ungenügend. Bei der Saisoneröffnung gegen Heerenveen wurde die Mannschaft vorgestellt. Nach 21 Minuten war das Ganze beendet. Die Fans mussten dann über 90 Minuten in der Hitze verweilen bis zum Spielbeginn. Lediglich eine Torwand war aufgebaut. Das ist nicht besonders fanfreundlich. Angekündigt wurde der niederländische Erstligist SC Heerenveen. Zu Gast war aber nur die U23, also die zweite Mannschaft. Da fühlt man sich als Fan verarscht. Die Mitglieder des U12-Preußenfanclubs müssen in der neuen Saison bei fünf Spielen Eintritt bezahlen. Genau die Spiele, die besonders attraktiv sind. Geldmacherei an allen Ecken und Enden. Natürlich muss ein Verein Geld einnehmen, aber muss man sich dabei am Fannachwuchs bedienen?

Dieser Kritik muss sich der Verein stellen. In der Fanarbeit wurde in der Vergangenheit keine gute Arbeit geleistet. Das ist verbesserungswürdig. Es ist absolut verständlich, dass ein Verein versuchen möchte, das Zünden von Pyrotechnik zu unterbinden. Die Maßnahmen, die den Fans nun aufgelegt wurden, sind meiner Meinung nach aber nicht verhältnismäßig und beschneiden die Fans in ihren Freiheiten deutlich. Man kann nicht immer Kommunikation fordern und dann aber die Fans bei solchen Entschlüssen komplett ausschließen.

Nun beginnt die Saison am Sonntag gegen Rostock und die Stimmung ist bei vielen schon im Eimer. Es bleibt abzuwarten, was am Sonntag passiert. Die neue Saison kann eine sehr harte werden.

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3 Antworten

  1. bumblebee sagt:

    Ich find‘ das vollkommener Schwachsinn, die Leute die diese wundervolle Idee hatten wissen gar nicht was sie damit anrichten. Ich glaube diese Saison, vor allem jetzt bei dem ersten Spiel gegen Rostock, wird es richtig knallen und rauchen. Die Ultras wollen ein Zeichen setzen gegen diesen ‚Maßnahmenkatalog‘ setzen und das werden alle zu spüren bekommen. Wie lange wollen die den ‚Maßnahmenkatalog‘ durchsetzen? 5 oder 6 Spiele? Zum Ende der Saison wird das sowieso keinen mehr interessieren. Irgendwann dürfen wir uns wahrscheinlich noch nicht mal mehr freuen, wenn das mit den Regeln so weiter geht. Die Ultras kann glaub ich nichts aufhalten.

  2. Gaberseck sagt:

    „Seit Jahren gibt es für die aktiven Fans keine Unterstützung mehr vom Verein“. Das stimmt ja wohl nicht. Der Verein hat allein in den letzten 2 Jahren für die Fanarbeit € 60000 bezahlt.
    Für einen 3.Liga-Verein mMn viel Geld. Und…. einsame Entscheidungen werden immer dann getroffen, wenn die whrmals zuvor eingeladenen nicht erscheinen. Endlich, endlich kommt das unartige Kind jetzt auf die „stille Treppe“. Und hoffentlich werden Sonntag direkt ausreichend Stadionverbote ausgesprochen. Ich freue mich.

  3. OlliF sagt:

    Gaberseck,aber vergiss deine Fahne nicht,weil wenn du die Ultras nicht brauchst,wirst du ja bestimmt ordentlich Supporten. Aber dann pass auf,das hinter dir keiner zündelt,sonst bekommst du das erste Stadionverbot! Ob du dich darüber dann immer noch freust?!?! Ich habe meine Zweifel…

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