Preußisches Derby-Album um ein Kapitel reicher

24. Spieltag - Spielbericht - SC Preußen Münster - VfL Osnabrück
Preußisches Derby-Album um ein Kapitel reicher
Coverboy Bischoff grätscht zwischen lila-weisse Punktehoffnungen

Coverboy Bischoff grätscht zwischen lila-weisse Punktehoffnungen

Manche Geschichten kann einfach nur das echte Leben schreiben. Da sitzt du an einem Buch, überlegst dir eine möglichst attraktive und dramatische Story, die viele mitreißt, und wo die Rolle zwischen Symphatisanten und Gehassten, zwischen Protagonisten und Antagonisten, bereits geklärt ist. Diese braucht dann noch einen möglichst langen Aufbau von negativen Spannungen und Emotionen, um sich dann in einem Höhepunkt zu entladen. Man nennt dies auch den klassischen Dramenaufbau nach Aristoteles.

Und dann schuf der unbekannte Autor den Fußball in seinem Meisterwerk, und darüber hinaus noch zwei Städte, die sowohl geographisch wie auch leistungstechnisch nur einen Katzensprung voneinander entfernt sind. Beide Seiten elektrisieren und können mit der jeweils anderen nur so viel anfangen wie Massimo Ornatelli mit Osnabrücker Pizzastuben. Zwei Mal im Jahr sollten sich die Mannschaften dieser Städte gegenüberstehen, von denen sich eine durch vernünftiges Handeln im Laufe der Jahre einen erheblichen finanziellen und sportlichen Vorteil gegenüber dem Konkurrenten erarbeitete. Denn dieser erkaufte sich durch weitestgehend unprofessionelles Verhalten die zwischenzeitlichen Erfolge lediglich auf Pump.

Als wäre dies für die mittlerweile benachteiligte Mannschaft nicht schon Schmach genug, muss diese auch noch in einer Farbe antreten, für die bereits seit Urzeiten gesellschaftliche Stereotypen der Unlust und Unzufriedenheit existieren: Lila. Die finanziellen Sorgen dieses Vereins machen sich nicht nur im Fehlen eines Trikotsponsors bemerkbar, sondern auch in immer wiederkehrenden Lizenzsorgen. Die ehemals stärkste Fußballmarke zwischen Bremen und dem Ruhrgebiet droht nicht nur vom ungeliebten neureichen Konkurrenten, sondern bald auch vom eigenen Vorort überholt zu werden. Alle Geschichten zu erwähnen, sprengt hier den Rahmen, doch eigentlich wären die Sympathien klar auf der Seite des Außenseiters aus dem Norden.

Das Osnabrücker Motto: Oft sind die anderen schuld

Doch zum Glück bietet solch ein Roman genug Platz für einen genaueren Blick auf diesen Verein von der Bremer Brücke, der sich vor über 115 Jahren als VfL Osnabrück ins Vereinsregister eintrug. Da haben wir einen Trainer, der dem Widersacher keine guten Leistungen anerkennt und diese allein auf Schiedsrichterleistungen zurückführt. Da haben wir Fans, die die eigene prekäre Situation kaum erkennen und sich ebenfalls permanent vom Unparteiischen benachteiligt fühlen. Und zu guter Letzt einen ausgeprägten Hass dieser Anhänger gegenüber einem Spieler für eine unabsichtliche Grätsche im Zweikampf, welche dieser seit nunmehr einem Jahr tief bereut, aber einen gegnerischen Akteur bis heute spielunfähig machte. Wir nennen ihn einfach mal Amaury Bischoff. Und still und heimlich merkt auch der VfL: Die Konkurrenz vom SC Preußen Münster läuft uns den Rang ab. Deren Anhänger machen sich daraus hingegen nichts, sie zitieren ab und zu schadenfroh Osnabrücker Fans aus deren Forum und freuen sich einfach auf das Derby. Denn sie wissen: Unsere Mannschaft kann das!

Da schlagen die Sympathien des neutralen Lesers schon ein wenig um. Vergleicht man dann noch das Vorgehen der hiesigen Lokalpressen, welche auf Osnabrücker Seite mächtig Öl ins Feuer gossen („Bischoff, der Coverboy“ – NOZ), kippt die Stimmungslage endgültig zugunsten der Schwarz-Weiß-Grünen, welche sich durch ehrliches und solides Wirtschaften den Wettbewerbsvorteil schwer verdient haben. So schafften sie es zuletzt, in jedem Jahr einen Leistungsträger von den Lila-Weißen ins eigene Team zu lotsen. Und von den letzten sechs Aufeinandertreffen hatten sie kein einziges verloren. Nun, am 07. Februar, sollte der direkte Vergleich erneut Klarheit schaffen.

Je suis Amaury – Freistoß ins Glück

Wir nehmen es vorweg: Es war kein schönes Spiel. Aber eine derartige Story kann auch nicht in schönen Angriffen und einem Torfestival enden. Es braucht nur eine Aktion vom Protagonisten und seinem Gefolge. Da wäre ein Ex-Osnabrücker, der einen Freistoß aus guter Position herausholt. Und ein Amaury Bischoff, der diesen mustergültig in den Torwartwinkel setzt. Mit Latte, mit Pfosten, mit einem versteinerten Blick von Torwart Heuer-Fernandes segelte der Ball ins Netz. Wie Ronaldo, Ribery und Calhanoglu wollte er ihn schießen, sagte er später. Und dann waren da noch zwölftausend Heimfans, die schlagartig erlöst wurden. Und zweitausend Unentwegte, die sich fragen müssen: War dieser Verlauf nicht abzusehen? Und wer ist dieses Mal schuld?

Die erste Antwort: Ja, war er. Einer solchen Kritik am Spieler ließ dieser logischerweise Taten folgen. Nicht nur spielerisch, auch emotional. Ein Sprint in die Kurve, bis die Fluchttore aufbrechen. Und zwar mit der ganzen Mannschaft. Ein Klopfen auf das Vereinswappen, welches so authentisch wie bei kaum einem Spieler je zuvor herüberkam. Ich muss zugeben, eine derartige Gänsehaut habe ich lange nicht mehr verspürt. Dass dieser Amaury Bischoff dann auch noch den Elfmeter zum entscheidenden zweiten Tor sicher verwandelt, setzt der Torte das Sahnehäubchen auf. Danke, Amaury! Fußball kann eben doch gerecht sein. Preußen Münster kann Derbys, Amaury kann mit Druck umgehen. Da kann ein David Pisot noch so oft vor dem Elfmeter reklamieren, da kann ein frustrierter Marcos Alvarez ohne Einsatzzeiten noch so oft versuchen, bei seinen Ecken zu stören. Der VfL verlor das Spiel zurecht, die Sympathien hatte er schon lange vorher verloren.

Doch Ausreden gibt es dieses Mal wahrlich nicht. Der Schiedsrichter zückte oft Gelb, aber auf beiden Seiten mit gleichem Maß. Der Elfmeter war ebenso korrekt wie der Freistoß. Nicht unbedingt die bessere Mannschaft, sondern schlicht und einfach die abgezocktere und erfahrenere Mannschaft gewann gestern das Derby. Dies ist und bleibt in dieser Liga einfach entscheidend. Auch das Duell auf den Rängen geht an den SC Preußen: Akustisch ohrenbetäubend feierte man während des Spiels und besonders danach, während im Osnabrücker Block Mülltonnen, Holzlatten und weitere Gegenstände auf Preußen-Ordner einflogen. Hier präsentierten sich die Anhänger nicht zum ersten Mal als schlechte Verlierer.

Und damit schließen wir ein weiteres Kapitel der schier endlosen Derby-Saga um den SC Preußen Münster, ehe wir sie im April wieder aufklappen dürfen: Die Bielefelder Alm wartet auf den preußischen Auftrieb….

Daten zum Spiel

Preußen: Schulze Niehues – Schöneberg, Schmidt, Heitmeier, Schulz –  Truckenbrod, Bischoff (86. Scherder)- Siegert, Piossek (89. Hoffmann), Kara  – Reichwein (72. Krohne)
Osnabrück: Heuer Fernandes – Falkenberg, Pisot, Groß, Dercho – Thee, Chahed (80. Tüting), Feldhahn (80. Alvarez), Kandziora – Menga, Iljutcenko

Tore: 1:0 Bischoff (64.), 2:0 Bischoff (75.)

Gelbe Karten: Heitmeier, Reichwein, Schmidt / Iljutcenko, Thee, Falkenberg, Groß, Feldhahn

Zuschauer: 14.300

Schiedsrichter: Markus Schmidt (Stuttgart)

Videos zum Spiel

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