Pleite, Chaos, Derby
„Das wird ne Klatsche“, „Das ist Derby, also wird die Mannschaft wieder gut spielen“, selten wurde vor einem Spiel so viel spekuliert, wie es ausgehen könnte, wie vor diesem Derby gegen Bielefeld. Und die Meinungen konnten unterschiedlicher kaum sein. Ich tippte nichts und hatte auch überhaupt keine Erwartungen an die Mannschaft. Dafür boten die arbeitsverweigernden Auftritte der Mannschaft in den letzten Wochen keinen Raum. Zusätzlich waren gewisse Aussagen von Ralf Loose vor dem Derby ausschlaggebend dafür, dass mich die Mannschaft eigentlich nur positiv überraschen konnte.
Die Anreise der Preußen-Fans erfolgte aufgeteilt in fünf Zügen. Erst fuhr die FGK Richtung Ostwestfalen, es folgten kurze Zeit später die Deviants, dann fuhren zwei Entlaster und zwischendurch am Vormittag fuhr noch ein Regelzug, den einige nutzten. Und dann gab es ja noch Autofahrer. Insgesamt fanden sich also ca. 2500 Preußen-Fans auf der ausverkauften Alm ein. Mit Shuttlebussen wurden wir vom Bahnhof zum Stadion gefahren. Das klappte auch alles ganz gut, auf der Anreise kam es zu keinen Komplikationen.
Im Stadion dann das Übliche Gepöbel. „Schalalalalala Preußen-Schweine“, „Ostwestfalen, Idioten…“. So wurde zumindest die Zeit bis zum Anpfiff totgeschlagen, beide Fanlager sangen sich schon mal warm. Die Bielefelder „Ultras“ verzichteten auf eine Choreo, obwohl das Derby doch so einen hohen Stellenwert hat. Im DFB-Pokal reizt dann doch die bundesweite Aufmerksamkeit.
Turbulente erste Halbzeit
Turbulent wurde es zunächst in der Startaufstellung des SCP: Ralf Loose traute sich tatsächlich, gleich zwei außerordentliche Wechsel vorzunehmen. Berzel und Truckenbrod ersetzten Schulz und Hoffmann. Zusätzlich kehrte Schulze Niehues nach seiner Sperre wieder ins Tor zurück, Schmidt musste aufgrund seiner zehnten gelben Karte pausieren, Scherder ersetzte ihn.
Und dann wurde es auf den Tribünen turbulent: Auf provozierende Arminen-Fans im angrenzenden Sitzplatzblock regnete es Bierbecher. Einer von den Ordnern zeigte sich gewillt, seine Ordnerjacke auszuziehen und bei dem Spektakel mitzumachen. Und Bierbecher warfen die Ordner einfach wieder in den Stehplatzblock zurück. Aber das muss auch mal jemand verstehen: Während es hinter dem Tor einen Pufferblock zwischen Gästeblock und Heimblock gab, trennten den Stehplatzblock vom ersten angrenzenden Heimblock gerade mal zwei Meter, nicht mal ein Fangnetz gab es. Ein Bielefelder, der mit seiner Fahne allen auf den Sack ging, wurde von den Ordnern aus dem Stadion geführt. Die Fahne wurde dann einfach auf die Treppen gelegt, über Umwege gelang sie dann in den Stehplatzblock, im dem die FGK stand. Doch ein Ordner zeigte dann seine Loyalität zum DSC und holte die Fahne mit einer Heldentat zurück. Glückwunsch.
Ach ja, Fußball gespielt wurde auch noch. Und der SCP überraschte mich in der ersten Halbzeit tatsächlich positiv, wobei man fairerweise dazu sagen muss, dass die Arminia nicht annähernd Normalform erreichte. In der 29. Minute hätten die mutig auftretenden Preußen bereits belohnt werden können, doch Kara vergab. Besonders Piossek machte nach vorne ordentlich Alarm und stellte die Bielefelder Abwehr oftmals vor Probleme. In der 41. Minute war es dann Piossek, der den Führungstreffer erzielte. Der Doppelpass mit Reichwein erinnerte an Spiele, die mittlerweile ein paar Monate zurückliegen. Anschließend umkurvte er den Keeper der Arminia und schaffte es dann, den Ball aus spitzem Winkel ins Tor zu schieben. Der Gästeblock war am Toben.
FGK und Deviants sorgten die ganze Zeit über für eine ansehnliche Stimmung, die Sitzplätze waren dauerhaft Stehplätze und die Mannschaft schien den Fans endlich mal wieder etwas zurückgeben zu wollen. In der Halbzeit war er bei vielen wieder da, der Optimismus. Die Tabelle zu dem Zeitpunkt sah schon wieder viel zu gut aus, dafür dass wir seit Wochen schlecht spielen. Aber es sollte ja noch eine zweite Halbzeit geben.
Alles beim Alten
Alles beim Alten heißt: Kampflos, mutlos, ohne Biss. Den Bielefeldern reichten zwei Standards, bei denen unsere Abwehr gepennt hatte, um das Spiel zu drehen. Unerklärlich, wie sich zunächst Bielefelds Junglas gegen drei Preußen im Kopfballduell durchsetzen konnte und 15 Minuten später Bielefelds Börner wenige Meter vor dem Tor unbedrängt an den Ball kommen durfte. Da fragt man sich, was in der Halbzeit in der Kabine passiert ist. Normalerweise sollte man bei einer Führung doch noch galliger sein und die Führung unbedingt verteidigen wollen. Aber so eine Schwächephase darf man sich gegen Bielefeld nicht erlauben.
Ebenfalls beim Alten blieb Looses Verhalten bei Rückstand. Normalerweise würde man doch unmittelbar nach dem Rückstand reagieren und einen zweiten Stürmer bringen. Loose wartete erst mal eine Viertelstunde, um dann Stürmer gegen Stürmer zu wechseln. Aber er bringt langsam Abwechslung rein: Letzte Woche kam Krohne außergewöhnlich früh, dieses mal kam er erst zehn Minuten vor dem Ende. In der Hoffnung, dass Norbert Meier auf diesen Wahnsinnseinfall keine Antwort findet. Fand er aber, die Adlerträger versuchten es zwar, das will ich der Mannschaft nicht absprechen, aber wirklich was zwingendes sprang auch nicht mehr heraus. Bielefeld gewinnt also mal ein Derby, wir verlieren seit September 2011 (1:0 in Osna verloren) mal wieder eins.
Trotz der erneuten Niederlage bekam die Mannschaft nach dem Spiel Applaus. Für eine Leistung, die meiner Meinung nach nicht gut war, aber deutlich besser als in den vergangenen Wochen. Bescheiden ist der Preußen-Fan geworden. Aber vielleicht hat die Mannschaft ja auf diesem Weg kapiert, dass Niederlagen durchaus okay sind, es aber immer auf die Art und Weise ankommt.
Nach dem Spiel konnte man ziemlich unorganisierte und nervöse Polizisten bestaunen. Die Seitenstraßen in Bielefeld waren fast alle unbewacht. Da kann der Freund und Helfer froh sein, dass sich der Hass der Bielefelder auf Münster wohl nur auf die 90 Minuten im Stadion beschränkt. Zusätzlich gab es noch einen Polizisten mit einem Hansa Rostock Aufkleber auf seinem Schlagstock und Polizisten, die mit dem Pfefferspray sehr leichtfertig umgingen. Ansonsten blieb alles ruhig.
Für die Rückreise stand aber plötzlich nur noch ein Zug für alle Preußen-Fans zur Verfügung, wodurch es ziemlich eng wurde auf der Rückfahrt. Auch das muss man nicht unbedingt verstehen.
In die Zukunft schauen
Der Aufstieg ist spätestens seit Samstag nicht mehr erreichbar. Mit nur sechs Punkten aus den letzten neun Spielen ist es eigentlich ein Wunder, dass wir so lange noch in Schlagdistanz zu den Aufstiegsrängen waren. In der Saison 2015/2016 wird der SCP wieder in der dritten Liga spielen.
Man kann nur hoffen, dass die Verantwortlichen im sportlichen Bereich aus dieser Saison gelernt haben. Die Mannschaft ist zu alt und nicht ehrgeizig genug, große Ziele zu erreichen. Und wenn die Bielefelder twittern „Die Münsteraner Volkskrankheit Fallsucht bestimmt mittlerweile das Spiel der Gäste“, dann ist das zwar nicht geschickt formuliert, aber die Wahrheit.
Fakt ist, dass der Kader Veränderungen braucht und man darf gespannt sein, ob im Sommer wirklich was passiert. Bis dahin sind es noch fünf Spiele, die man einigermaßen gut über die Bühne bringen sollte.
Preußen Münster, ist doch klar! Jedes Spiel, wir sind da!
Daten zum Spiel
Preußen: Schulze Niehues – Berzel, Scherder, Heitmeier, Hergesell – Truckenbrod, Bischoff – Siegert (79., Hoffmann), Piossek, Kara – Reichwein (79., Krohne)
Arminia Bielefeld: Schwolow – Dick, Börner, Salger, Schuppan – Schütz, Junglas – Hemlein 91., Brinkmann), Müller, Mast (75., Ulm) – Klos (90., van der Biezen)
Tore: 0:1 Piossek (41.) / 1:1 Junglas (50.) / 2:1 Börner (65.)
Gelbe Karten: Dick, Mast, Klos, Salger, Schuppan / Reichwein, Bischoff
Zuschauer: 25.192
Schiedsrichter: Florian Meyer