Der etwas andere Derby-Tag
Mittwoch, der 23. September: Es steht das Derby in Osnabrück an. Also Schal einpacken, in den Zug setzen, zum Stadion laufen, singen, den Derbysieg feiern und wieder zurückfahren. So wie es die letzten Jahre in Osnabrück der Fall war. Doch dieses Mal war alles anders. Polizei und Politik machten uns Fans einen Strich durch die Rechnung.
Viel Ungewissheit im Vorfeld
Als die Entscheidung bekannt gegeben wurde, dass bei beiden Derbys keine Gästefans zugelassen sind, meldete das Fanprojekt eine Demo in Osnabrück an. Vom Bahnhof sollte es zum Stadion gehen, dort sollte es eine Kundgebung geben und dann sollten alle wieder zum Bahnhof laufen. Die erste Instanz verbot die Demo. Das Fanprojekt gab nicht auf und zog vor die nächsthöhere Instanz. Und nun hieß es warten. Die Chancen, so schien es, waren schlecht. Bei Braunschweig gegen Hannover wurde so eine Demo schon mal verboten – ein Urteil, auf das sich die Richter in diesem Fall hätten berufen können. Das Gericht ließ sich viel Zeit mit einer Entscheidung. Nichts konnte fest geplant werden. Es blieb nur die Möglichkeit, allen Fans nach wie vor zu sagen, sie sollen sich bitte den Derbytag freihalten. Wofür wusste man nicht so genau. Und dann die Überraschung am Vorabend des Derbytages: Die Demo wurde genehmigt! Das sprach sich blitzschnell herum und es wurde die Werbetrommel gerührt. Schließlich sollte ein möglichst deutliches Zeichen gesetzt werden.
Am Derbytag selbst wurden noch von verschiedenen Fangruppen Transparente und Doppelhalter gemalt, um so die Forderungen und Ziele noch besser auf die Straße tragen zu können. Niemand konnte ahnen, dass das am Ende doch umsonst war… Auch mit dem Wissen, von dem Spiel nichts zu sehen, fuhr ich dennoch mit einiger Vorfreude nach Osnabrück. Schließlich bekamen wir die Erlaubnis, für unsere Rechte zu demonstrieren (das man dafür so lange kämpfen muss und sich am Ende über so etwas freut sagt schon alles). Demonstrationsrecht ja, aber nur wenn die Teilnehmer Faschos, Salafisten oder Hooligans sind. Normale Fußballfans? Das ist immer kritisch.
Die Enttäuschung und eine kurze Kundgebung
In Münster fuhr also bereits der Großteil der teilnehmenden Preußenfans Richtung Osnabrück los. Irgendwann auf der Zugfahrt kam dann die erschütternde Nachricht: Die Demo ist kurzfristig doch noch verboten worden. Die Gefahr war gegeben, schließlich hat die Stadt Osnabrück gegen die Entscheidung vor der wiederum nächsthöheren Instanz geklagt. „Kann ja nicht wahr sein, dass hier Fußballfans durch die Stadt laufen dürfen!“ werden sich die Damen und Herren der Stadt Osnabrück wohl gedacht haben.
Enttäuschung machte sich im Zug breit. Wie kann sowas sein?
In Osnabrück angekommen verlief alles ganz ruhig und gesittet ab. Wir liefen auf den Bahnhofsvorplatz. Trotz einem Schlag ins Gesicht seitens der Politik blieben alle ruhig. Nicht in einem Moment war die Gefahr gegeben, dass die Lage eskalieren könnte. Das Einzige, was man machen konnte war warten. Darauf, dass der zweite Zug ankommt und darauf, dass das Fanprojekt erzählt, wie es nun weitergeht. Im Übrigen kam man sich auf dem Bahnhofsvorplatz vor wie im Zoo. Der Platz war komplett mit Polizeiautos oder Hamburger Gittern umstellt, dahinter jeweils Polizisten in voller Kampfmontur und teilweise vermummt. Außerdem gab es zwei Wasserwerfer. Außenstehende könnten gedacht haben, es handelt sich hier um die Überwachung der 400 kriminellsten Menschen auf der Welt. Im zweiten Zug befanden sich natürlich kaum noch Fans, schließlich wurde die Demo ja verboten. Das Fanprojekt kündigte dann an, auf dem Bahnhofsvorplatz eine Kundgebung mit Redebeiträgen durchzuführen. Also die von Polizei und der Stadt Osnabrück angebotene Variante, wenn die Demo verboten wird.
Kurze Zeit später begann dann die Kundgebung. Vorher mussten noch die ganzen Verbote und Verhaltensregeln aufgezählt werden. Auch die Polizei musste ein mal das Wort ergreifen, was verständlicherweise für Unmut bei den Fans sorgte. Zwei mal wurde der Polizeisprecher von lauten „Bullenschweine“-Rufen unterbrochen. Dann begann Maike, die Schatzmeisterin des Fanprojektes, mit dem ersten Redebeitrag. Sie verdeutlichte noch ein mal wie schmerzhaft es ist, nicht im Stadion sein zu können und kritisierte solche Kollektivstrafen. Dennoch lobte sie auch das Zusammenkommen der Preußenfans am Osnabrücker Hauptbahnhof, um ein wichtiges Zeichen zu setzen. Im zweiten Redebeitrag wurde ein Text von „Pro Fans“ vorgelesen, der die ganze Situation auf den Punkt bringt (nachzulesen hier: pro-fans.de). Das war es dann auch schon. Zwei andere, geplante Redner hatten nach dem Verbot der Demo verständlicherweise keine Lust mehr, weitere Worte zu verlieren.
Das Fanprojekt kündigte dann an, den Zug um 18:19 Uhr nehmen zu wollen, um in Münster noch die zweite Halbzeit des Derbys gucken zu können. Während also gewartet wurde, durfte ein bisschen Derby-Feeling nicht fehlen. „Scheiß Osnabrück“ hallte hoffentlich bis in die Ostkurve der Bremer Brücke und auch der Wechselgesang mit Vitali durfte nicht fehlen.
Viele Gerüchte und zwei Tore im Zug
Als dann alle im Zug nach Münster saßen lief das Spiel schon eine Weile. Mein persönlicher Liveticker aus dem Stadion verriet mir immer die aktuellen Geschehnisse. Zunächst waren alle sauer, Osnabrück hatte das 1:0 geschossen. Danach der Eindruck des Stadionbesuchers:
„Spiel noch zerfahren. Preußen nicht richtig wach, Osna geht früh drauf. Stimmung ist recht ruhig. Nach dem Tor natürlich Jubel. Ansonsten aber sehr Verhalten. Nur Bischoff wird immer ausgepfiffen. „Gäste rein, Bischoff raus“ wird gerufen.“
Dann verbreiteten sich andauernd Meldungen es würde 2:0 für Osna stehen. Da einige hinter mir Radio hörten hatte ich eine sehr zuverlässige Quelle direkt bei mir um die Ecke. Und auf ein mal sprangen alle auf und jubelten laut, die Jubelwelle schwabbte nach kurzer Zeit durch den ganzen Zug. Mein Liveticker meldete: „Preußen bekommt jetzt Oberwasser und ist Herr auf dem Platz. Erste laute Pfiffe der Osnasen, nur 9000 Zuschauer.“
Irgendwann in der zweiten Halbzeit erreichte man dann einen Livestream, endlich konnte man das Spiel sehen. Die erste Hälfte muss wohl besser gewesen sein, jedenfalls schien es mir auf dem Platz eher ruhig zuzugehen. Beide Mannschaften waren irgendwie zufrieden mit dem Unentschieden und wollten nicht verlieren. Doch dann kam die bekannte Schlussphase. 1:2, 2:2, und ein Vollidiot namens Mertens der auf den Platz rennt um Bischoff umzuschubsen. Bischoff fällt natürlich auch theatralisch, musste sich nach eigenen Angaben aber über die ganzen 90 Minuten provozieren lassen. Löblich, das er da die Nerven behalten hat. Und Osna zeigt mal wieder warum sie so ein Chaos-Haufen sind. Statt sich über den Ausgleich zu freuen rennt man zum Gegner. Naja was soll´s. Die nächste Geldstrafe wartet schon.
Für uns am Ende natürlich bitter verlaufen, wie der gesamte Tag schon. Man kann nur hoffen, dass es in der nächsten Saison wieder unser Derby gibt. Mit Fans, mit Choreographien, mit Stimmung.