Kommentar: Münster und die Stimmung

Preußen Fans auf der Gegengeraden
Preußen Fans auf der Gegengeraden im Preußenstadion

Ich kann es langsam nicht mehr hören. Nach der Niederlage gegen Magdeburg quollen die Spielberichte quasi über ob der akustischen und zweifelsohne beeindruckenden Kulisse in Magdeburg. Aber muss das sein? Muss man in jedem Spielbericht darüber jetzt lesen, wie toll es in Magdeburg war? Dass man viel lieber Magdeburger sei? Dass Magdeburg sowieso viel besser sei?

Exkurs in des Münsteraners Mentalität

Aber woher kommt eigentlich diese Demut vor größeren Fanszenen? Wieso zeigt sich Münster davon so beeindruckt? Die Antwort ist so einfach wie auch irgendwie beschämend: Weil es so etwas hier einfach nicht gibt. Mal abgesehen von unseren Ultras, ist der gediegene Fan in Münster eher dafür bekannt zu moppern was das Zeug hält, stilecht mit Bratwurst und Bier natürlich. Man wäre gerne eine große Fußballmacht mit allem Drum und Dran. Super Stimmung soll man haben. Aber bitte nicht selbst dafür verantwortlich sein.

Die Stimmung sollen andere machen aber dann auch bitte für alle. Kein Dauergesinge, aber auch nicht zu unkreativ, spielbezogen soll der Support sein. Bunte Kurven mit Fahnen, aber bitte nicht da wo man selbst steht, man will ja alles vom Spiel sehen. Feurige Leidenschaft und Emotionen, aber bitte keine Pyrotechnik. Das ist so ziemlich das, was in Münster abgeht und was gefordert wird. Aber wie soll das denn bitte gehen?

In Münster ist man neidisch auf die gute Stimmung gerade bei den Ostvereinen, man hätte ebenfalls gerne so einen Hexenkessel. Ein Stadion mit dem Rufe des alten Tivoli. Man will dafür aber nichts tun oder nur sehr wenig, gerade das Nötigste. Und die Leute, die sich dafür einsetzen wollen stehen vor einer Sisyphusarbeit und werden quasi erschlagen von der Heterogenität der SCP-Fans. Natürlich kann man auch sagen, dass unser Stadion einfach nichts hergibt. Schiefe Stufen, schlechte Akustik, baufällig. Das mag ein Hindernis sein, aber doch kein Problem, wenn unsere Fanszene sich mal dazu bequemt nicht nur zu konsumieren, sondern auch mal selbst dafür sorgt, dass Stimmung in die Bude kommt.

Und dann wackelte das Stadion

Natürlich kann man beeindruckt sein. Es war auch eine erstklassige Stimmung. Aber darüber jetzt ellenlang zu schreiben? Am besten noch den Magdeburgern den Sieg nur deswegen zuschreiben, weil deren Stimmung so genial war? Westline titelte heute: „Große Kulisse zähmt die Preußen“. Ca. 3/4 des Textes geht darum, wie toll die Stimmung war. Dass Magdeburg die Stimmung in eine neue Dimension gehoben habe. Dass jeder so beeindruckt war und voll des Lobes ist für das, was dort in Magdeburg ist. Der Begriff Hexenkessel sei untertrieben, dies und mehr zieht sich durch den gesamten Bericht. Ich frage mich, wieso erfinden wir nicht ein neues Wort oder eine Redewendung um diese Superlative an Stimmung zu beschreiben?

Zum Beispiel: „Boah, heute im Stadion, war voll magdeburg!“ – „Ja das hat total gemagdeburgert!“ Oder „Hey supportest du heute mit? – Nee, ich fühle mich heute nicht so magdeburg.“ Und ja, ich war auch beeindruckt, als das Stadion wirklich gebebt hat. Aber das tut es auch in Wiesbaden.

Auch der 1. FCM kocht nur mit Wasser

Dabei ist der 1. FCM genauso ein stinknormaler Verein wie der SCP auch. Auch Magdeburg hatte jahrelang Probleme das Stadion so voll zu kriegen, wie es heute ist. Und das, obwohl sie mehrere DDR-Meisterschaften gewonnen haben und sogar einmal den Europapokal der Pokalsieger. Mit dem Aufstieg in die dritte Liga erwuchs dann wieder eine riesengroße Euphorie, die diese Stimmung möglich macht. Würde unser Vorstand nicht immer proaktiv handeln, könnten wir auch so eine Euphorie entfachen lassen. Das Team steht gut dar und eigentlich sollte man sich als Fan freuen und sich die Seele aus dem Leib schreien, um dem Team zu helfen weiterhin dort oben zu bleiben. Und wenn alle an einem Strang ziehen würden, dann könnte man wieder von der „Festung Preußenstadion“ reden und von den genialen eigenen Fans ohne neidisch auf Magdeburg zu schielen.

Auswärts kriegt man doch selbst auch meist eine ganz gute Stimmung hin. Zu Hause überwiegen dann leider die Kleinkriege untereinander. Damit ist nicht gemeint, dass alle untereinander beste Freunde werden müssen. Aber Respekt, Toleranz und Verständnis für jeden einzelnen Menschen im Preußenstadion wird doch wohl möglich sein. Und dann können wir gemeinsam auch wieder das Preußenstadion zu einem Hexenkessel machen. Denn das war bzw. ist das wirklich beeindruckende an Magdeburg gewesen: Alle haben mitgemacht! Ultra, Kutte, Sitzer, Steher, VIP. Wirklich alle haben gemeinsam für ihren 1. FCM gesungen und geschrien und regelrecht gebrannt.

Und in Münster? Da wird auf der einen Seite „Ultras raus“ gefordert, auf der anderen Seite „Gegengerade/Tribüne raus“ und der Gästeblock fordert „Alle raus!“ Nein, so kann das in Münster auch nichts werden. Wir müssen uns wieder darauf besinnen, eine große Preußenfamilie zu sein. Natürlich gibt es mal Meinungsverschiedenheiten oder auch einzelne Streitereien, aber all das soll uns doch nicht davon abhalten 90 Minuten lang unseren SCP in unserem Wohnzimmer anzufeuern.

Also nicht immer neidisch auf andere Vereine und Fanszenen gucken, sondern selbst aktiv werden. Selber etwas auf die Beine stellen, Hände aus den Hosentaschen und in die Luft und im Stadion magdeburgern was das Zeug hält. Gemeinsam und alle zusammen!

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6 Antworten

  1. Marcel Madey sagt:

    Wie wäre es den mal das die Ostkurve gemeinsam lautstark ein einfaches Lied anstimmt anstatt zwei verschiedene? Man ist dadurch regelrecht verwirrt und wenn das klappt, auch durch zurufen die Gegengrade/Tribüne mit einbinden. Es funktioniert ja auch beim Wechselgesang Preußen…… Münster.

  2. Bobby sagt:

    Leider fehlt es ja schon an gegenseitigen Akzeptanz. Die einen sagen: “ Ihr seit nur Eventys“, die anderen sagen: “ Ihr seit nur Chaoten, und macht alles kaputt.
    Schön wäre es doch, miteinander und nicht gegeneinander!
    Nur gemeinsam kann etwas erreicht werden.

  3. Machdeburjer sagt:

    Zuerst möchte ich an dieser Stelle einmal erwähnen, dass ihr garnicht soweit davon entfernt seid, einen tollen Support hinzubekommen. Wenn ich die 700 Auswärtsfahrer bei uns am Wochenende betrachte, dann ist das bereits eine solide Grundlage. Die waren besser als das, was wir bisher da hatten (unter anderem viele Ostmannschaften)

    Was zur Zeit bei uns ist, das ist in der Form auch nicht mehr normal. Wir toppen uns von Spiel zu Spiel. Letztes Jahr in der 4. Liga waren wir erstaunt, wo aus anfangs 5000 – 6000 Zuschauern auf einmal langsam über 10000 wurden. Dann die Relegation gegen Offenbach, wo ich mir schon sagte “ Wow, viel besser geht es nicht“ … bis am 1. Spieltag Erfurt kam und ich erkannte, dass sogar noch viel mehr geht.

    ABER: die wenigsten von euch wissen vermutlich, wo wir herkommen. Vor garnicht mal allzu langer Zeit stand ich als einer von 300 Leuten im Stadion. Da war sozusagen der Tiefpunkt erreicht. Auswärts waren wir selten 3-stellig.

    Was ich damit sagen möchte ist, dass ihr da nicht aufgeben dürft. Natürlich gab es auch bei uns diese Ultra/Eventy-Diskusionen am Anfang. Nur ohne Eventies wären bei uns heute nicht soviele „Fans“ da.

    Mit dem Stadion hat das nicht viel zu tun. Natürlich macht es das tiefe Stadiondach bei uns so richtig laut. Aber die Stimmung war früher auch in unserer alten Bruchbude da bevor es bergab ging.

    Langer Text, kurze Ansage. Ihr habt ne tolle solide Basis. Auf dieser könnt ihr aufbauen. Lasst euch die Zeit. Bei uns hat es auch Jahre gedauert wieder etwas aufzubauen, was komplett kaputt war. Viel kaputter als bei euch

    Grüße

  4. Falke sagt:

    Danke Machdeburjer! So ähnlich sehe ich es auch. Ich folge meinem FCM jetzt seit rund 35 Jahren und ich kann mich nicht erinnern eine ähnliche Situation rund um den Verein erlebt zu haben. Momentan scheint alles zu stimmen. Verein, Fans und Umfeld scheinen z.Zt eine Einheit zu sein. Dazu noch die nicht enden wollende Euphorie nach dem Aufstieg. Das alles sorgte auch dafür das diese Stimmung am Sa möglich war. Ich sauge jedenfalls jeden Augenblick dieser Atmosphäre auf, denn irgendwann wird sie abflachen. Ich hoffe es dauert noch! Ich empfand die Preussenfans als bislang das Beste in dieser Saison, was bei zu Gast war. Das ganze auch noch gänzlich ohne diesen unsäglichen West/Ost und Ost/Westscheiss von beiden Seiten. Ich freue mich jetzt schon, nach 2002 mal wieder ins Preussenstadion zukommen. Stand schon im Sommer fest, das es ein komplettes WE in Münster wird!

  5. xian_md sagt:

    Juten Abend.

    Ich denke, du hast das treffende Element genannt – alle machen mit und alle haben Bock drauf.

    Die Aktion in Dresden z. B. – 2 Mann nähen eine Riesenstoffbahn – Respekt. Aber du weißt halt – das sind zwei Bekloppte und alle anderen im Stadion müssen nur noch die Hand dranhalten. Da sonnen sich Viele im Glanze Weniger.

    Aufzustehen, mitzusingen, 90 Minuten Vollgas, auch laut zu sein, wenn der Nebenmann nicht mitmacht – das ist die Herausforderung. Und ne Stimme hat jeder. Die kostet auch kein Geld. Nur ein klein wenig Überwindung. Ich muss mir die Spiele manchmal im TV nochmal ansehen, weil ich auf unsere Vorsänger achte und nicht auf den Rasen. Denn das Gegröle muß laufen – auch wenns auf dem Platz Kacke aussieht. Und da kommen wir wieder zum Spiel gegen Preußen.

    In der Anfangsphase hatten wir tierisches Glück, nicht 4-5 Buden zu bekommen. Ich weiß, dass die Mannschaft solche Dinger rumreißen kann, gegen Chemie hats auch geklappt. Aber die Leute im Stadion machen auch mit, wenns schlecht aussieht. 12. Mann und so. Das ist das Selbstverständnis von Block U. Nach dem Aufstieg sind sehr viele neue Gesichter dabei, ich hoffe aber, das die genauso emotional bleiben. Ich denke, in MD hat man mittlerweile kapiert, dass man auch bei nem schlechten Spielverlauf mit gutem Gefühl nach Hause gehen kann. Nämlich wenn man von sich sagen kann, alles gegeben zu haben.

    Rinjehaun und viel Erfolg. Wir sehen uns beim Rückspiel.

  6. 1.FCM1965 sagt:

    Nur der FCM !!!

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