Essen vergessen
Mit 0:1 unterlag der SC Preußen am Samstag im Spitzenspiel bei Rot-Weiss Essen. Dennoch war es ein Regionalliga Spiel auf hohem Niveau, gerade in den ersten 20 Minuten spielten beide Mannschaften ohne ein erstes Abtasten mit offenem Visier. Doch danach übernahmen die Hausherren immer mehr das Kommando und hatten halt mit Simon Engelmann einen Torjäger in ihren Reihen, der im richtigem Moment am richtigen Ort steht.
Thema Sport
Das Sportliche ist an dieser Stelle eigentlich schnell erzählt. Preußen-Trainer Sascha Hildmann wechselte in seiner Aufstellung im Vergleich zum Lotte Spiel lediglich einmal. Okan Erdogan sollte mehr physische Präsenz auf den Platz bringen und Dominik Klann nahm auf der Bank Platz. Auf Essener Seite überraschte Neidhart mit seiner Aufstellung durch die die Einsätze von Isaiah Young und Cedric Harenbrock, doch waren es gerade die beiden Spieler, die den Preußen zunehmend Probleme bereiteten. Mit Condé auf Essener und Schwadorf auf Münsteraner Seite fehlten beiden Mannschaften jeweils ein Schlüsselspieler.
Nach Aluminiumtreffern stand es bereits in Minute 25 2:1 für RWE, doch die Anzeigetafel führte weiterhin das Ergebnis von 0:0. Die sollte auch bis zur Halbzeit so bleiben. Doch RWE übernahm immer das Zepter, sodass folgerichtig das 1:0 fiel. Der an diesem Tag bärenstarke Grote setzte Harenbrock in Szene, dieser durfte immer weitermarschieren ohne ernsthaft angegriffen zu werden und zog einfach mal aus dem Hintergrund in feinster Helmut-Rahn-Manier ab. Im Gegensatz zu Grosics auf Seiten der Ungarn 1954 bekam Max Schulze Niehues immerhin noch eine Kralle an den Ball, gegen den Abstauber von Simon Engelmann war er jedoch machtlos. Den Preußen merkte man an, dass sie sich noch einmal aufbäumen wollten doch gegen die dichtgestaffelte Defensive der Essener hatten sie kaum noch Möglichkeiten. Insbesondere Daniel Heber und Alexander Hahn räumten hinten alles weg, so blieb es lediglich bei einem Freistoß von Joshua Holtby in Minute 95. Doch er Lucky Punch blieb aus und Essen behielt die Punkte verdientermaßen im Ruhrgebiet.
Thema Taktik
Die Preußen starteten überraschenderweise so, wie es gegen Lotte in Halbzeit zwei gut geklappt hatte. Grodowski rückte auf die rechte Außenbahn, Atilgan stürmte in der Mitte und Schauerte kam über links. Dennoch rotierten gerade Atilgan und Grodowski, um den Gegner zu verwirren.
Viel interessanter ist jedoch, wie die Mannschaft von Sascha Hildmann den Spielaufbau angeht. Marcel Hoffmeier, erneut einer der besten Adlerträger am Samstag, wurde im Laufe des letzten Jahres von einer Offensivkraft zum Innenverteidiger umgeschult. Doch damit er seinen immer noch existenten Offensivdrang bei Zeiten ausleben kann, funktioniert das Aufbauspiel der Preußen folgendermaßen. Abstöße werden in guter alter Tradition kurz ausgeführt. In Essen war es in Halbzeit eins zunächst Dennis Daube, dann in Halbzeit zwei Okan Erdogan, der sich in die letzte Reihe fallen ließ und eine Dreierkette bildete. Hoffmeier als linker Innenverteidiger konnte so immer wieder Vorstöße wagen, während hinten die Absicherung mit Scherder und Daube/Erdogan stand. Gerade solche Mechanismen sind nun in der Anfangsphase, während bei einer Mannschaft wie RWE selbige schon komplett sitzen. Nichtsdestotrotz hat man lange Zeit auf Augenhöhe mit dem selbsternannten Aufstiegsfavoriten gespielt, insofern kein Grund zur Panik gegeben.
Thema Schiedsrichter
Nein dies soll keine Schelte werden. Insgesamt war es eine souveräne Leitung von Schiedsrichter Florian Exner, doch manche Szenen sollten noch einmal diskutiert werden. Zunächst – und das bleibt der einzige Kritikpunkt – muss die Verhältnismäßigkeit hinterfragt werden, wenn ein Dennis Daube in Minute 1 (!) für ein ruppiges, aber kein überhartes Foul die gelbe Karte erhält und Mitte der 1. Halbzeit der Ellbogen von Simon Engelmann im Gesicht von Simon Scherder landet und das Strafmaß genauso ausfällt. Natürlich kann man mit einer frühen gelben Karte ein Zeichen setzen und eine Linie vorgeben, diese blieb dann aber im Rest des Spiels ein wenig aus.
Nächster Punkt, und da lag der Schiedsrichter auch zu meiner Überraschung richtig, war die vorletzte Szene der Partie, als der Essener Schnapper Davari einen langen Ball abfängt und dabei außerhalb des Strafraums landet. Warum ist das nicht rot, fragten sich wohl viele? Die Antwort: Exner entschied auf gelb, da Davari auf der einen Seite keine klare Torchance verhinderte und zum anderen nicht mal letzter Mann war. Wenn man das ganze außerhalb der ersten Emotion betrachtet schon sinnvoll.
Thema Stream
Auch bei RWE war das Thema Stream zuletzt ein heißes Thema. Nach einigen Störungen wurde eine Funkantenne ausgetauscht und funktionierte nun (fast) hervorragend. Mit 9.95 € ist der Stream natürlich happig teuer, aber ganz ehrlich: Wenn ich die Qualität dort sehe und das, was aus dem Preußenstadion übertragen wird – ich persönlich würde die 3 € noch draufzahlen. Ein durchaus unterhaltsamer Vorbericht, dazu eine viel bessere Bildqualität, sowie verschiedene Kameraperspektiven (Sollte es da in Münster nicht auch mal laut Ankündigung mehrere Blickwinkel geben?) kamen im Ansatz schon an Magenta Sport Übertragungen ran und waren eine größere Hausnummer als die Soccerwatch Nummer beim SCP. Hinzu kamen zwei Kommentatoren, die zwar die rot-weisse Brille auf hatten, jedoch auf angenehme und erträgliche Weise das Spiel kommentierten und es immerhin schafften, Maximilian Schulze Niehues richtig auszusprechen. Daran ist manch ein Magenta Sport Kommentator in den letzten Jahren schon oft gescheitert. Insgesamt verdient sich diese Regionalliga-Übertragung eine glatte 1. Für eine 1+ wären Wiederholungen von bestimmten Szenen noch nett gewesen, für die 1+ mit * hätte der Holtby Freistoß in Minute 95 übertragen werden müssen, denn dieser blieb scheinbar jedem Zuschauer durch ein kurzes Stocken verwehrt.
Insgesamt ist mit der Überschrift schon alles gesagt: Essen vergessen. Abhaken. Das war eine starke Mannschaft aber nun muss der Blick nach vorne gehen. Bereits am Mittwoch wartet der SC Wiedenbrück. Auch diesen gilt es nicht zu unterschätzen, als Favoritenschreck luchsten sie am ersten Spieltag RWE einen Punkt durch einen Treffer in der Nachspielzeit ab, am vergangenen Wochenende gab es zudem ein spektakuläres 4:4 gegen Fortuna Köln. Wie die Zuschauerlage für das kommende Spiel sein wird, wird am heutigen Montag bekannt gegeben.
In diesem Sinne:
Alle zusammen für Preußen Münster!
Daten zum Spiel
SCP: Schulze Niehues – Langlitz, Scherder, Hoffmeier, Heidemann (Möbius, 81.) – Daube (Klann, 46.), Erdogan – Grodowski (Zahn, 54.), Holtby, Schauerte – Atilgan (Remberg, 68.)
Essen: Davari – Plechaty, Heber, Hahn, Grund – Young (Backszat, 77.), Kehl-Gomez, Grote, Kefkir (Hildebrandt, 77.) – Engelmann (Endres, 85.), Harenbrock (Dorow, 68.)
Tore: 1:0 Engelmann (51.)
Gelbe Karten: Engelmann, Davari / Daube, Atilgan
Zuschauer: 300
Schiedsrichter: Florian Visse