Da war mehr drin

Kurz nach dem Abpfiff des Spiels unserer Preußen in Lotte machten meine Kopfhörer eine neue Erfahrung: Sie lernten fliegen. Irgendwo musste der Frust nach diesem wirklich blöden Unentschieden schließlich hin und die zwei Ohrstöpsel bekamen es leider ab. „Das muss man einfach gewinnen“, dachte ich mir. Ein Gedanke, den manche von euch wahrscheinlich auch hatten.
Dabei hatte es eine gute Viertelstunde zuvor noch ganz ordentlich ausgesehen. Lotte war nach einem Handspiel auf der Torlinie nur noch in Unterzahl unterwegs und dann segelte ein Freistoß irgendwie für die Preußen ins Tor. Alles super, oder? Kurz zuvor hatte Schwadorf einen Elfmeter kläglich vergeben, aber das schien jetzt egal.
Wer war’s denn jetzt?
Doch wer hatte das Tor gemacht? Zunächst herrschte größere Verwirrung als in der Ticker-Redaktion des Kicker. Der Freistoß kam von Jules Schwadorf, aber Alex Langlitz sollte noch irgendwie mit dem Kopf die Richtung des Balles verändert haben. Die Spieler auf dem Platz feierten Schwadorf, die Presse notierte Langlitz und der Schiri trug Schwadorf in den Spielbericht ein. Wir werden es wohl nie erfahren.
Doch die Freude währte bekanntlich nur bis zur 80. Minute. Ein Foul nahe der Strafraumgrenze durch den insgesamt wieder gut spielenden Lukas Frenkert besorgte einen Freistoß für die Sportfreunde. Ein Spieler mit dem eher wenig sportlich klingenden Namen Plautz schlug den Ball in den Strafraum, wo Filip Lisnic an Max Schulze Niehues vorbei ins Tor verlängerte. Ein Plautz-Freistoß als echter Schlag in die Magengrube. Kannste dir nicht ausdenken…
Gerechtes Ergebnis
So ärgerlich das Zustandekommen des Ausgleichs ist, so berechtigt war er aber. Vor allem die erste Halbzeit dürfte Trainer Sascha Hildmann nicht so richtig gefallen haben. Die Preußen hatten den Ball, Lotte die klaren Chancen. Vor allem Leon Demaj, der im schon im Hinspiel getroffen hatte, bekam die Preußen-Defensive nicht komplett in den Griff. Nach einer guten halben Stunde hatte Demaj zwei Riesenchancen: Einmal klärte Schulze Niehues den Ball mit einer hübschen Flugeinlage zur Ecke. Kurz darauf guckte Max einem Demaj-Freistoß hinterher, der knapp am Tor vorbeiging. Und kurz vor der Pause musste der Schnapper noch einmal die Fäuste hochreißen, um einen Ball aus spitzem Winkel zu klären.
Auf Preußen-Seite standen ein unplatzierter Schuss von Joshua Holtby (links vorbei) und ein schicker Schlenzer von Dennis Daube (deutlich rechts vorbei) zu Buche. Das war zu wenig. Und auch die in dieser Saison sonst immer gefährlichen Standards wurden insgesamt nicht gefährlich genug. „Wir haben zu viel mit langen Bällen gespielt“, gab sich Simon Scherder nach dem Spiel selbstkritisch.
Lotte als Randnotiz
Wohl auch deshalb wechselte Sascha Hildmann Joel Grodowski ein, der Tempo ins Spiel bringen sollte. Das gelang zunächst auch. In der Entstehung des Elfmeters war es eine von seinen Hochgeschwindigkeitsaktionen, die die Lotter Abwehr überrumpelten und so für Gefahr sorgten. Doch am Ende hat auch dieser Wechsel nicht die gewünschte Wirkung erzielt und es blieb bei zwei verlorenen Punkten. Da war einfach mehr drin für dich, SCP! In den letzten zehn Minuten hätte es sogar noch im Preußen-Gehäuse klingeln können.
Jetzt aber wieder den Untergang zu predigen wäre Schwachsinn. Der SCP ist seit sechs Spielen ohne Niederlage und steht verdammt gut da für eine Mannschaft, die kurz vor Beginn der Saison gerade mal sieben Spieler unter Vertrag hatte. Und Hand aufs Herz: Das wichtigste Spiel des Jahres ist am nächsten Samstag. Zum ersten Mal seit über einem Jahrzehnt kommt RWE wieder an die Hammer Straße. Ein so klares Ding wie damals (4:0 für den SCP) wird es vielleicht nicht, aber ein Sieg ist absolut möglich. Und dann wäre das 1:1 gegen Lotte nur noch eine kleine Randnotiz.
In diesem Sinne:
Alle zusammen für Preußen Münster!
PS: Wir schalten nochmal um zu unserem völlig echten und absolut existierenden Korrespondenten Rudi Rüpel. Der hat euch noch was zu sagen. Rudi?
„Ja, hier bin ich. Ich würd gerne noch ein, zwei Takte in Richtung Lotter Stadionregie sagen: Hörma Kollege, et is kein Derby. Datt kannst du noch so oft ins Mikro rülpsen, et bleibt trotzdem n Kick auf ner Kuhwiese gegen ne zusammengekaufte Truppe von Mannis Gnaden. Wir ham schon gegen Osna, Essen und Bielefeld gekickt, als ihr noch überlegt habt, wie man das Navi für die Strecke nach Herbern programmiert. Und noch watt: Wie zum Henker kommt man auf die Idee, nach einem 1:1 „Oh wie ist das schön!“ zu spielen? Kippt ihr euch noch zusätzlich irgendwatt in den Lack, den ihr da auf eurem Ackerhügel sauft? Ach, weißte watt? Lohnt nich‘ die Aufregung. Ich mach mir jetzt n Bierchen auf und lass den lieben Gott nen guten Mann sein. Nächstes Jahr spielen wir eh nicht wieder gegen euch. Höchstens mit der U23, harhar!“
Danke Rudi, schönen Sonntag dir noch!
Daten zum Spiel
Lotte: Peitzmeier – Lisnic, Yigenoglu, Tugbenyo, Lacagnina – Brauer, Bajric (Ioannidis, 90.), Terzi (Menke, 67.) – Aydinel (van den Berg, 86.), Leon Demaj, Drilon Demaj (Plautz, 46.)
SCP: Schulze Niehues – Schauerte (van Eijma, 89.), Scherder, Hoffmeier, Frenkert – Remberg, Holtby (Grodowski, 56.), Daube (Erdogan, 68.) – Langlitz, Schwadorf, Wegkamp.
Tore: 0:1 Schwadorf/Langlitz/Kara/Acquah/Krohne (70.), 1:1 Lisnic (81.).
Gelbe Karten: Yigenoglu, Bajric, Plautz – Frenkert, Holtby, Erdogan
Rote Karte: Lacagnina
Schiedsrichter: Christopher Schütter