Münster gastiert zum Derby auf der Bielefelder Alm

Wenn jemand vor zwei Jahren darauf gewettet hat, dass sich am 2. Spieltag der Saison 2023/24 unser Adlertross nach acht Jahren wieder auf den Weg zur Bielefelder Alm macht, könnte man morgen mit einem guten Gewissen die Korken knallen lassen. Schließlich lagen zu diesem Zeitpunkt noch drei Ligen zwischen den Preußen und den Blau-Weiß-Schwarzen aus Ostwestfalen. Doch es ist wirklich wahr. Um 14 Uhr wird vor einer bundesligatauglichen Kulisse von über 23.000 Zuschauern das 45. Westfalen-Derby angepfiffen. Sascha Hildmann fasste die vergangenen Monate auf der Pressekonferenz treffend zusammen:
„Da hätte vor einem Jahr noch keiner mit gerechnet. Aber so schnell kann es gehen im Fußball.“
Sportlicher Höhenflug trifft auf freien Fall
Ein Wochenende im April 2022 verdeutlicht die komplett entgegengesetzten sportlichen Entwicklungen. Auf der Alm gastierte der Rekordmeister Bayern München mit seinen Stars rund um Neuer, Lewandowski und Kimmich, die durch ein 0:3 die drei Punkte mit in den Süden nehmen konnten. Am selben Wochenende gastierte der SCP beim SV Lippstadt und gab durch einen Gegentreffer in der Nachspielzeit zwei sicher geglaubte Punkte im Fernduell gegen Essen aus der Hand. Was diese zwei Punkte mehr auf dem Konto am Ende der Saison bedeutet hätten, dürfte wohl noch jedem klar sein. Doch während der sportliche Höhenflug unserer Adlerträger nur aufgeschoben war, nahm der sportliche Niedergang der Arminia immer weitere Formen an.
Preußen-Arminia-WG
Ich kann von mir sagen, die beiden verschiedenen Stimmungslagen direkt mitbekommen zu haben. An meinem Studienort, 180 Kilometer entfernt von Münster, gründete ich mit meinem Kommilitonen und inzwischen sehr guten Freund Lennart eine WG. Und was soll ich sagen? Natürlich musste er ein Fan der Arminia sein. Und auch wenn ich eher zu der jüngeren Preußen Generation gehörte, die die Geschichte der Rivalität nur durch die Begegnungen in der 3. Liga von 2011 bis 2015 kennt, gab es natürlich von Anfang an immer wieder kleinere Reibereien und Sticheleien. Doch das gehört im Sport natürlich auch immer dazu.
Und wenn ich ehrlich bin, hätten wir beide auch nicht damit gerechnet, dass unsere beiden Mannschaften in den nächsten Jahren nochmal gegeneinander spielen, denn ein baldiges Derby hatte sich wahrlich nicht abgezeichnet. Doch als sich ein Abstieg der Arminia im Frühjahr dieses Jahres immer mehr herauskristallisierte, erwischte ich mich dabei, mich schon über ein mögliches Derby zu freuen. Auch wenn ich natürlich auch die Enttäuschung und den Frust von Lennart nach den Spielen der Arminia verstehen konnte und mir die ganze Situation im Verein fast schon leidtat – wahrscheinlich als einer der wenigen im Preußenlager. Doch so ist es nun einmal im Sport und nun geht es für uns nicht nur um den Derbysieg und drei wichtige Punkte, sondern auch um die Vorherrschaft in der WG-Küche und die Möglichkeit bis zum Rückspiel immer einen Trumpf im Ärmel zu haben.
Eingespieltheit trifft auf Neuanfang
Nun zum sportlichen. Eigentlich sollten die Vorzeichen beim Duell eines Zweitliga-Absteigers gegen einen Aufsteiger aus der Regionalliga klar verteilt sein, die Arminia geht als Favorit in diese Partie. Allerdings haben die Preußen den Vorteil, dass sie bereit früh Planungssicherheit hatten und so den Kader in aller Ruhe und mit Weitblick Stück für Stück ergänzen konnten.
Bei der Arminia ist im Sommer im wahrsten Sinne des Wortes der gesamte Kader der vergangenen Zweitligasaison ausgetauscht worden. Es wird lediglich nur noch Kapitän Fabian Klos auf dem Spielberichtsbogen stehen, zu dem der Preußenanhang verständlicherweise ein eher angespanntes Verhältnis hat. Ergänzt wurde die Mannschaft mit überwiegend jungen und talentierten Spielern, die auch schon höherklassig aufgelaufen sind. Dieses noch fehlende Selbstverständnis in der Mannschaft könnte trotz der großen Qualität der Einzelspieler ein Faustpfand für die Jungs von Sascha Hildmann sein. „Meine Spieler wissen, was auf sie zukommt. Du darfst natürlich auch nicht überdrehen“, so Hildmann.
So viel Erfahrung auf beiden Seiten mit der Begegnung dieser Traditionsclubs gibt es auch nicht, lediglich eben jener erwähnte Klos und unsere Vereinslegenden Max Schulze Niehues und Simon Scherder standen beim letzten Duell im Jahr 2015 auf dem Rasen der Alm.
Mit einer stabilen Defensive zum Erfolg?
Der Saisonstart lässt einem mit einem positiven Gefühl auf das Spiel in Bielefeld blicken. Klar, beim 0:0 im ersten Heimspiel der Saison gegen Borussia Dortmund II wären mit einem Quäntchen mehr Glück auch drei Punkte drin gewesen, aber der Sieg im Westfalenpokal bestätigte die gute Frühform. Schmerzen tut nur der erneute Ausfall von Kapitän und Lautsprecher Marc Lorenz, der damit das Spiel an seiner alten Wirkungsstätte verpasst. Sein Posten auf der linken Seite dürfte, wie schon gegen Dortmund, Thorben Deters übernehmen, denn unser Trainer sieht „wenig Gründe zu wechseln.“
Eine Alternative wäre allerdings auch Sebastian Mrowca, der am Ende der letzten Saison mit Wehen Wiesbaden unter Beweis stellte, wie man auf der Alm gewinnen kann. Besonders sicher stand am 1. Spieltag die Defensive rund um Aushilfskapitän Thomas Kok. So könnte es auch auf der Alm ein Erfolgsrezept sein, aus einer stabilen Defensive heraus mit einem schnellen Umschaltspiel über Joel Grodowski oder Daniel Kyerewaa nach vorne Akzente zu setzen. Eine ähnliche Herangehensweise ließ sich auch Hildmann auf der Pressekonferenz entlocken:
„Wir brauchen viel Disziplin und Struktur. Aber natürlich wollen wir nach vorne Spielen.“
Auf zu einem fairen Derby – auch außerhalb des Platzes
Nun kommt für gewöhnlich eine kurze Vorstellung der gegnerischen Mannschaft. Doch wir dachten uns, bei besonderen Spielen, darf es auch etwas besonderes sein. Die folgenden Zeilen sind also nicht von mir oder jemanden anderen von Nullsechs geschrieben, sondern von meinem Mitbewohner Lennart, der uns einen tieferen Einblick in die Seelenwelt eines Ostwestfalen liefert, als ich es je könnte.
Bei aller Rivalität zwischen den Fanlagern darf man nie vergessen, dass Fußball eben nur die schönste Nebensache der Welt ist und man ohne Gewalt oder irgendwelchen Ausschreitungen miteinander fair und sportlich umgehen sollte. Wir alle wollen, dass unsere Mannschaft gewinnt, wir alle geben auf den Tribünen oder auf den Sofas daheim alles um unsere Mannschaft nach vorne zu schreien, doch sobald das Spiel abgepfiffen ist, gratuliert man fair den Sieger und freut sich auf das nächste Aufeinandertreffen.
Einschätzungen aus Bielefeld
Vielen Dank an Felix und das Team um „nullsechs“, dass ich als Bielefelder ein paar Worte und Einschätzungen zum Spiel verlieren darf.
Endlich wieder Derbyzeit und das ausgerechnet gegen die Schwarz-Weiß-Grünen aus Münster. Dabei scheint das Spiel genau zur richtigen Zeit zu kommen, zumindest für die Arminia meint man. Nach der Euphorie über den Pokalerfolg gegen die Mannen aus Bochum, hat man das Gefühl, dass wieder ein bisschen Ruhe in den Verein einkehrt. Dabei war die Zeit zuvor alles andere als einfach. Innerhalb von 12 Monaten wechselte die Arminia 2-mal die Klasse, verschliss drei Trainer, verlor Führungsspieler und machte Schulden. Zum Schluss stand gar die Drittligalizenz auf der Kippe. Bis zuletzt glaubte man in Bielefeld und da schließe ich mich nicht aus, an den Verbleib in Liga 2, getreu dem Motto „das wird schon irgendwie werden“. Aber was blieb, war die traurige Gewissheit um den Abstieg, die hässlichen Fanszenen aus Wiesbaden und das Gefühl der Ratlosigkeit, wie der Abstieg dann doch so schnell passieren konnte.
Statt Westfalenstadion und Harry Kane geht es nun wieder gegen Gerrit Wegkamp oder Marc Lorenz. So traurig die Realität aus Bielefelder Sicht ist, kann man ihr durchaus aber auch positive Sachen abgewinnen. Endlich gibt es wieder richtig klassische, traditionelle Derbys wie das gegen Münster. Das letzte Westfalenderby übrigens fand vor 8 Jahren statt, mit dem besseren Ende für die Arminia. Zuhause auf der Alm gewannen wir mit 2:1 gegen die Schwarz-Weiß-Grünen, mit einem Schulze Niehues im Tor der Preußen und einem Fabi Klos im Sturmzentrum der Arminen. Und wer weiß, vielleicht wiederholt sich die Geschichte ja am Samstag wieder. :)
Geballte Fanunterstützung aus Münster
An dieser Stelle noch einmal vielen Dank, dass du dich dazu bereit erklärt hast, für uns etwas zu dieser Partie zu verfassen.
Die Euphorie rund um die Preußen und die Stimmungslage im Verein, bei den Fans und in der Stadt ist weiterhin ungebrochen und so kann sich der SC Preußen über viele Fans freuen, die sich mit nach Bielefeld aufmachen, um die Mannschaft vor Ort zu unterstützen.
Insgesamt stehen 3250 Gästetickets für Münster zur Verfügung, der Großteil ist schon verkauft, doch es gibt auch für Kurzentschlossene noch 600 Tickets an der Tageskasse vor Ort im Stadion. Damit alle Fans sicher zu diesem hoch emotionalen Spiel anreisen können, wird ein Entlastungszug nach Bielefeld eingesetzt, der 500 Preußenfans Platz bieten wird. Für jene, die nicht nach Bielefeld reisen, sich aber das Derby nicht entgehen lassen wollen, können das Spiel entweder live auf Magenta, im WDR, im Fanradio bei Mottekstrehle oder sogar im Cineplex verfolgen.
Bei diesen vielfältigen Möglichkeiten sollte klar sein, dass Münster hinter unseren Preußen steht. In diesem Sinne: Holt uns den Derbysieg und
Alle zusammen für Preußen Münster!
PS: Hol dir die Nullsechs.de App und verpass nichts!