Münster gegen Stuttgart – Ein Pokalfight unter Flutlicht
Da ist es schon wieder, dieses Kribbeln, das man als Fan immer vor den Spielen hat, wenn unsere Preußen spielen. Als wäre es nicht schon schön genug, dass auf das Heimspiel am vergangenen Wochenende wenige Tage später das nächste folgt, findet die Begegnung in der 1. Hauptrunde des DFB-Pokals auch noch unter Flutlicht in unserem heimischen Schmuckkästchen an der Hammer Straße statt. Kann man diese Vorfreude noch steigern? Das gelingt, wenn man auf den Gegner schaut, denn mit dem VfB Stuttgart kommt nicht nur ein traditionsreicher Bundesligist ins Preußenstadion, sondern auch der deutsche Vizemeister mit drei deutschen Nationalspielern, denen die meisten vor wenigen Wochen noch zugejubelt haben.
Die Schwaben erwartet ein echter Hexenkessel, wenn ab 20:45 Uhr der Ball im mit 12.672 Zuschauern ausverkauften Stadion rollt. Und wie bereits in der Vergangenheit hätten auch noch deutlich mehr Tickets verkauft werden können, wenn es denn die Kapazitäten dazu geben würde. Dass sich der Mitgliedervorverkauf über mehrere Tage hinzog, ist auch dem Chaos geschuldet, das bei der Kartenbestellung über die Eventim-Hotline auftrat. Da dieses Thema aber bereits in den vergangenen Tagen ausreichend diskutiert wurde, wollen wir es hier jetzt dabei belassen.
Große mediale Aufmerksamkeit
Wer allerdings beim Vorverkauf keine der begehrten Tickets ergattern konnte, kann das Spiel trotzdem live verfolgen. Denn sowohl die ARD als auch Sky übertragen die Partie im Fernsehen und im Stream. Laut dem Verein sind rund um das Spiel alleine 200 Medienschaffende im Stadion unterwegs. Den Preußen rund um Lorenz, Bazzoli und Grodowski schaut also heute ein Millionenpublikum zu und ist gespannt, ob der Spielverlauf eine Überraschung hergibt. Diese sind in den bisherigen Begegnungen der 1. Hauptrunde in dieser Saison bislang etwas zu kurz gekommen.
Dass das Spiel so eine große mediale Aufmerksamkeit erfährt, ist aber auch der Tatsache geschuldet, dass die Begegnung gegen den VfB verschoben werden musste. Denn am Austragungswochenende der ersten Runde spielte Stuttgart gegen den deutschen Meister aus Leverkusen den Supercup aus, der von vielen Fans sehr kritisch gesehen wird. Die aktiven Fanszenen beider Mannschaften boykottierten das Finale und sprachen sich dafür aus, alle Spiele am selben Wochenende spielen zu lassen. Ob sich das Rad der Kommerzialisierung aber nochmal zurückdrehen lässt, ist fraglich.
Eine Verschiebung des Spiels – war da nicht mal was? Tatsächlich. In der vergangenen Saison wurde das Aufeinandertreffen mit dem FC Bayern aus demselben Grund einige Wochen später angesetzt. Aber es gibt noch weitere Parallelen. Es kommt eine weitere absolute deutsche Top-Mannschaft nach Münster, die in dieser Saison in der Champions League spielen wird und mit einigen Nationalspielern gespickt ist – die Favoritenfrage geht somit klar nach Baden-Württemberg. Zudem sitzt mit Sebastian Hoeneß der Neffe von Bayern-Legende Uli Hoeneß auf der VfB-Trainerbank.
Preußen muss über sich hinauswachsen
Für die Mannschaft von Sascha Hildmann steht somit auch die erste englische Woche in dieser Saison auf dem Programm. Obwohl unser Trainer zugibt, dass er lieber am Pokalwochenende gespielt hätte, sieht er den Kracher gegen die Schwaben aus Stuttgart als „eine tolle Sache für uns.“ Somit bietet sich für den SCP auch die Chance, die bisherige Saisonbilanz etwas aufzupolieren. Denn erst am Samstag entführte Lautern drei Punkte aus Münster. Viel Zeit für eine Aufarbeitung gab es nicht. Allerdings war auch schnell klar, worauf die bittere Niederlage zurückzuführen war. In der Offensive fehlte die Durchschlagskraft, sodass die wenigen Unkonzentriertheiten in der Abwehr direkt hart bestraft wurden. Um die Stuttgarter in Gefahr zu bringen, müssen die Angriffe zielstrebiger und präziser werden.
„Unser Selbstvertrauen ist da, auch weil wir gute Leistungen zeigen. Wir haben nichts zu verlieren.“
Preußen-Coach Hildmann vor dem Spiel gegen den VfB Stuttgart.
Bereits im Vorfeld kündigte Hildmann an, in der Startelf etwas durchzuwechseln. Auch wenn er keine genauen Positionen für die Rotation nennen wollte, kann mit zwei, drei Änderungen gerechnet werden. Möglich ist, dass András Németh von Beginn an ran darf oder dass Preußen-Urgestein Simon Scherder auf seine ersten Pflichtspielminuten kommt, nachdem er in den bisherigen Spielen von der Tribüne aus zuschauen musste. Aber auch Dominik Schad und Rico Preißinger können sich gute Chancen auf einen Einsatz ausrechnen. Hildmann: „Wir haben einen sehr guten Kader und Jungs, die es sich einfach verdient haben, zu starten.“
VfB reist mit Abwehrengpass nach Münster
Der Saisonstart des VfB war am vergangenen Wochenende bei der 3:1-Niederlage beim SC Freiburg etwas holprig. Den Schwaben, die in der vergangenen Saison begeisternden Offensivfußball gezeigt haben, merkte man an, dass die Abläufe in der Mannschaft und besonders in der Defensive noch etwas fehlen. Was auch nicht weiter verwunderlich ist, denn gerade in der Abwehr plagen Sebastian Hoeneß große Personalsorgen. Angelo Stiller, der in naher Zukunft auch eine Alternative für die Nationalmannschaft sein soll, spielte am Samstag in der Verteidigung und dürfte wieder auf seine vertraute Position im Mittelfeld zurückkehren. Seinen Platz nimmt Anrie Chase ein, der damit gegen Preußen sein Startelfdebüt für die Stuttgarter geben wird. Hoeneß schätzt an ihm besonders seine Kopfballstärke, mit der der 20-Jährige mit der auffälligen Frisur die langen Bälle abfangen soll, die Hoeneß von den Preußen erwartet.
Bestätigt ist zudem, dass Alexander Nübel im Tor stehen wird und Top-Stürmer und Rekordeinkauf Deniz Undav erstmal auf der Bank Platz nehmen wird. Des Weiteren ließ auch er sich bei den Personalfragen nicht in die Karten schauen. Hoeneß betonte aber auf der Pressekonferenz vor dem Spiel, dass es keine größere Rotation geben werde: „Wir werden morgen mit einer absolut schlagkräftigen Truppe an den Start gehen. Gleichzeitig geht es darum, Belastung zu steuern.“ Nicht mit nach Münster reisen verletzungsbedingt Niko Nartey, Dan-Axel Zagadou, Josha Vagnoman, Luca Raimund, Leonidas Stergiou und Anthony Rouault. Neuzugang El Bilal Toure ist zudem noch nicht spielberechtigt und wird ebenfalls fehlen.
Der Kader besitzt mit Nationalspielern wie Maximilian Mittelstädt, Chris Führich und Deniz Undav sowie Talenten wie Enzo Millot, Angelo Stiller und dem 21-Millionen-Neuzugang Ermedin Demirovic trotz der vielen Ausfälle und der prominenten Abgänge zweifellos enormes Potenzial.
„Es wird ‚eklig'“
Eigentlich kann der VfB ganz entspannt nach Münster anreisen, denn im Gegensatz zu anderen Bundesligisten, konnten die vergangenen fünf Erstrundenpartien alle gewonnen werden. Und das sogar ohne ein einziges Gegentor zu kassieren. Dennoch rechnet Hoeneß mit einem schwierigen, ekligen Spiel:
„Münster ist in die zweite Bundesliga aufgestiegen. Sie hatten zwar keinen überragenden Start, dennoch ist die Euphorie groß. Es ist ein Abendspiel, ein Flutlichtspiel. Münster hat nicht viel zu verlieren und genau das ist die Challenge, die wir haben. Wir müssen die richtige Einstellung an den Tag legen und mit dem passenden Mindset auftreten. Aber das trauen wir uns zu!“
Sebastian Hoeneß ist sich der Schwere der Aufgabe in Münster bewusst.
Der Tross der Schwaben, begleitet von 1.630 Fans, plant nur einen kurzen Trip nach Münster. Der VfB kommt um 12 Uhr am FMO an und fliegt direkt nach dem Spiel zurück nach Stuttgart.
Hildmann glaubt an die Sensation
Das letzte Aufeinandertreffen der beiden Mannschaften liegt übrigens bereits fast 34 Jahre zurück. Dort gewann der VfB im DFB-Pokal das Achtelfinale mit 1:0. Ob es wieder so knapp werden wird? Wir werden es heute Abend sehen. Einen Weg, wie es gelingen könnte, zeigt aber bereits Preußen-Trainer Sascha Hildmann auf:
„Stuttgart ist der große Favorit und hat eine tolle Mannschaft. Jeder Einzelne wird bei uns ein Stück weit über sich hinauswachsen, um die Sensation schaffen zu können. Wir freuen uns auf ein ausverkauftes Haus und die Kulisse.“
So, und nun ziehen wir unsere Trikots an, schnappen uns unseren Schal und machen uns heute Abend auf den Weg ins Stadion. Denn wir haben heute Abend alle etwas vor, auf das wir uns freuen können. Um mal den bekannten Fangesang zu zitieren: „Wie schön es ist, morgens aufzustehen, Richtung Stadion zu gehen, um Preußen Münster zu sehen“.
Das letzte Wort hat heute aber mal wieder unser Trainer: „Ich ertappe mich schon manchmal dabei, von einer Pokal-Sensation zu träumen“, so Hildmann. Und wer weiß, vielleicht erleben wir gemeinsam die große Pokal-Überraschung. Denn Träumen ist ja schließlich erlaubt.
Alle zusammen für Preußen Münster!