Erster gegen Zweiter
Zugegeben, die Überschrift trifft nur bedingt zu. Denn wer sich die Tabelle der 2. Bundesliga anschaut, sieht, dass dort morgen der Tabellenvorletzte gegen den Tabellenführer spielt. Der erste kommt aus der Landeshauptstadt NRW und zwar aus Düsseldorf, der Vorletzte aus Münster. Warum dann also Erster gegen Zweiter und dann auch noch in dieser Konstellation? Nun ja, weil am Freitagabend unter Flutlicht die beiden bis dato schnellsten Spieler der 2. Liga aufeinander treffen. Aufseiten des SCP ist dies Joel „Johnny“ Grodowski mit einem Top-Speed von 36,56 km/h, auf der anderen Seite muss sich Fortuna-Stürmer Jona Niemiec aber mit seinen erreichten 36,35 km/h ebenso wenig verstecken. Ob sich dies auf sämtliche Akteure morgen überträgt und Vollgasfußball erwartet werden kann, wird sich zeigen.
Stürmer Ausfall auf beiden Seiten
Sowohl bei den Adlerträgern, als auch den Fortunen fallen die Mittelstürmer für die Partie aus. Während Hólmbert Aron Fridjónsson nach seinem Kopftreffer von Braunschweigs Keeper Johannson nächste Woche wieder einsteigen dürfte und nur wegen einer DFL-Regularie (5 Tage Pause nach Kopfverletzung) nicht mitmischen darf, erwischte es Fortunas Dawid Kownacki weitaus heftiger. Neben einer Kopfverletzung wurde bei ihm auch eine Innenbandverletzung diagnostiziert, die ihn mehrere Wochen außer Gefecht setzen wird.
Der Unterschied zwischen Münster und Düsseldorf? Die Fortuna kann morgen mit Dzenan Pejcinovic und Vincent Vermeij noch zwei weitere Hochkaräter aufbieten, während es bei den Preußen nach den Ausfällen von Fridjónsson, Batmaz und Amenyido an vorderster Front langsam sehr übersichtlich wird. Neben den genannten Stürmern muss Sascha Hildmann weiterhin auf Luca Bazzoli, Daniel Kyerewaa und Sebastian Mrowca verzichten, die allesamt im zentralen Mittelfeld anzusiedeln sind. Die so wichtigen Achsen, die den SCP durch die letzte Saison trugen, sind also in dieser Spielzeit ganz offensichtlich die Problemzonen. Auch Torhüter Marian Kirsch ist nach seinem Fingerbruch noch nicht in den Trainingsbetrieb zurückgekehrt.
Auf Seiten der Düsseldorfer muss Trainer Daniel Thioune auf Außenverteidiger Nicolas Gavory verzichten, bei Valgeir Lunddal möchte man das Abschlusstraining noch abwarten. Insgesamt sind bei der Fortuna nur wenig Veränderungen im Vergleich zur Niederlage gegen Kaiserslautern zu erwarten. Keeper Kastenmeier sah beim 3:2 unglücklich aus, ist aber einer der besten Torhüter im Unterhaus, mit Hoffmann, Zimmermann und Klaus hat die Fortuna eine gesunde Achse an Führungsspielern.
Hinzu kommen talentierte Spieler wie Ísak Jóhannesson, Tim Rossmann oder eben jener Jona Niemiec, die einen der besten Kader der 2. Liga darstellen. Mit Jóhannesson, Fridjónsson und Lunddal treffen im Preußenstadion drei der vier Isländer aus der 2. Bundesliga zumindest neben dem Feld aufeinander. Mit Jorrit Hendrix und Thomas Kok in schwarz-weiß-grün sowie Vincent Vermeij, Jordy de Wijs und Myron van Brederode in rot-weiß ist auch die holländische Fraktion ordentlich vertreten. Preußen-Sechser Hendrix und Fortuna-Verteidiger de Wijs spielten im Übrigen bereits in Eindhoven zusammen und sind bis heute beste Freunde.
Welche Herangehensweise wählt Preußen?
Nachdem man in vielen Spielen aufgrund der Unerfahrenheit ins offene Messer lief und zu viele Gegentore kassierte, wählte der SCP nach der Länderspielpause gegen Elversberg und Braunschweig (beide Spiele 1:1) einen defensiveren Ansatz, was ganz offensichtlich zu Lasten der Offensive ging. Nun hatte die Fortuna aber gerade gegen Kaiserslautern Probleme mit dem frühen Anlaufen der roten Teufel vom Betzenberg und verlor die Partie mit 3:4. Auch eine gewisse Konteranfälligkeit lässt sich bei der Fortuna nicht von der Hand weisen. Doch gerade auswärts ist die Mannschaft von Daniel Thioune bisher makellos unterwegs, gewann sämtliche fünf Partien in der Fremde.
Es bleibt also spannend, welchen Matchplan wählt, um sowohl die Auswärts-Erfolgsserie des Gegners, als auch die Heim-Sieglosserie der Adlerträger zu beenden. Fortuna-Trainer Daniel Thioune absolvierte in seiner aktiven Laufbahn übrigens die meisten Spiele für den ungeliebten Nachbarn aus Osnabrück. Der bislang einzige Saisonsieg gelang den Adlerträgern gar gegen Osnabrücks Rekordspieler Joe Enochs, bis zum vergangenen Montag noch Trainer von Jahn Regensburg. Hoffen wir auf ein gutes Omen an dieser Stelle.
Letztes Aufeinandertreffen in Auf- und Abstiegssaisons
Anderthalb Jahre und etwas mehr als eine Woche genau ist es her, da traf man zuletzt auf eine Mannschaft, die das F95 Logo auf der Brust trug. Am 22.04.2023 war das Spiel gegen Fortuna Düsseldorf II der entscheidende Schritt zurück in die 3. Liga. Simon Scherder und Deniz Bindemann trafen zum Aufstieg. Wo Simon Scherder ist, dürfte hinlänglich bekannt und ewig so sein; Bindemann zog es im Anschluss – man ahnt es schon – zu eben jener Fortuna. Seine Zeit dort ist jedoch eher von Verletzungen und Pendelei zwischen Bank und Rasen geprägt. Das Hinspiel in der Regionalliga gewann der SCP mit 6:1, bei Preußen dürfen sich aus dieser Startelf noch Niko Koulis, Yassine Bouchama, Thorben Deters und Marc Lorenz an den Auswärtssieg erinnern, für Fortuna II stürmte damals noch Jona Niemiec. Gespielt wurde im alten Paul-Janes-Stadion am Flinger Broich, in der Rückrunde geht es für den SCP dann in das EM-Stadion Merkur-Spiel-Arena.
Auch wenn es langsam ausgelutscht erscheinen mag immer auf den Weg hinzuweisen, an dieser Stelle bot sich ein kleiner Ausflug in die jüngere Vergangenheit noch einmal an. Denn für das letzte Pflichtspiel gegen die Erstvertretung muss man schon ein wenig länger zurückschauen. In der Abstiegs- und 100-Jahre-Jubiläumssaison 2005/2006 gewann der SCP sein Heimspiel mit 2:0 (Torschützen: Milde & Niestroj) und die Fortuna ihres mit 1:0 (Torschütze: Podszus).
Preußen-Torschütze Niestroj war übrigens bis zum Sommer als Jugendtrainer am F95-Nachwuchsleistungszentrum unterwegs. Auf Seiten der Fortuna spielte damals Dirk Böcker beide Partien, der jedoch die meisten Einsätze für den SCP (159 Spiele/7 Tore) absolvierte und heute im Düsseldorfer Aufsichtsrat sitzt. Viele Querverbindungen also, die morgen jedoch um 18:30 Uhr völlig egal sind. Denn dann zählt für beide Mannschaften nur das Ergebnis. Da der letzte Pflichtspiel-Heimsieg nun auch schon wieder mehr als fünf Monate her ist, wäre es langsam mal wieder an der Zeit. Auf die Fans kann sich der SCP trotz der (erwartbaren) Durststrecke verlassen, auch gegen Düsseldorf waren die letzten Karten wieder schnell vergriffen. Flutlicht, NRW-Duell, Mottek Strehle – für den perfekten Abend braucht es gegen den Spitzenreiter dann „nur noch“ drei Punkte. Dann ist es auch egal, wer der schnellste Spieler der Liga ist.
Alle zusammen für Preußen Münster