Der Befreiungsschlag bleibt aus

Die Sensation blieb aus. Im Duell mit dem 1. FC Köln hatte Preußen Münster das Nachsehen und musste sich mit 1:3 geschlagen geben. Nachdem zuvor Eintracht Braunschweig überraschend den dritten Aufstiegsaspiranten in Folge besiegen konnte, beträgt der Abstand zum rettenden 15. Tabellenplatz nunmehr fünf Punkte – bei noch vier ausstehenden Spielen.
Festtagsbedingungen am Ostersonntag
Auch wenn die Münsteraner in der Schlussphase der Saison zuvor mit Gastauftritten in Hamburg, Berlin oder auf Schalke diverse Stadion-Highlights erleben durften, wartete mit dem Auswärtsspiel in Köln-Müngersdorf noch einmal ein echtes Sahnehäubchen auf die Adlerträger. Das mit 50.000 Zuschauern restlos ausverkaufte RheinEnergie-Stadion bot bei besten äußeren Bedingungen den perfekten Rahmen für ein mittelschweres Fußballwunder – denn das brauchte es, wollte man an der Aachener Straße etwas Zählbares mit nach Hause nehmen.
Und das „Prinzip Hoffnung“ war auch bei den knapp 5.000 mitgereisten Preußenfans der aktivierte Spieltagsmodus. Eintracht Braunschweig hatte am Vortag den 1. FC Kaiserslautern mit 2:0 besiegen können und somit – nach Paderborn und dem Hamburger SV – den dritten Aufstiegsfavoriten in Folge schlagen können. Dadurch konnten die Niedersachsen auf Platz 15 über Nacht den Abstand auf den Aufsteiger aus Münster auf fünf Punkte ausbauen. Die Mannen um Trainer Sascha Hildmann waren quasi zum Punkten verdammt. Und so viel sei vorweggesagt: Nicht für jede Herkulesaufgabe findet sich der passende Flaschengeist.
Es mutete auch nach zuvor 29 gespielten Zweitligapartien in der Saison 2024/25 fantastisch an, wenn auf der LED-Anzeige die Logos vom 1. FC Köln und Preußen Münster in einem Pflichtspiel der 1. Herren angekündigt wurden. Da steht ein dreimaliger Deutscher Meister und viermaliger DFB-Pokalsieger im weiten Rund in Köln-Müngersdorf und empfängt die Preußen aus Münster, die noch vor zwei Jahren in Rödinghausen oder beim SV Straelen antreten mussten. Und auch wenn der FC aller Voraussicht nach in der kommenden Saison wieder den FC Bayern München, Borussia Dortmund oder die Fohlen aus Gladbach begrüßen darf, musste auch diese Partie erst einmal bestritten werden. Und die Geißböcke ließen keinen Zweifel daran, dass sie am Ostersonntag nicht gewillt waren, Geschenke zu verteilen.
Köln zeigt Münster die Grenzen auf
Sascha Hildmann schien sich durchaus Gedanken gemacht zu haben, wie der vermeintlich übermächtige Gegner doch zu knacken sei. Im Vergleich zur Vorwoche stellte er auf eine Dreierkette um, die im Rückwärtsgang auf fünf Defensive umschaltet, und wechselte seine Startelf gleich auf vier Positionen. So bekam unter anderem David Kinsombi nach einiger Zeit erstmals wieder die Chance, von Beginn an mitzuwirken, und in der Offensive sollte Malik Batmaz etwaige Umschaltsituationen nutzen und für Torgefahr sorgen.
Doch die erste Gefahr ging zunächst von den Gastgebern aus. Die Kölner nahmen die Favoritenrolle an und gaben den Takt vor. Wenngleich Makridis in der 7. Minute aus sehr spitzem Winkel Schwäbe zu einer Glanztat zwang, waren weitere nennenswerte Offensivaktionen zunächst Mangelware. Vielmehr nutzten die Rheinländer eine Umschaltsituation in der 11. Minute, bei der sich Lemperle gegen Kirkeskov durchsetzte und den Ball humorlos ins rechte Eck einschob. Der Schock des Rückstandes war der Elf in den schwarzen Auswärtstrikots deutlich anzumerken. Mehr noch: Die vergangenen Wochen, in denen man nicht nur kein Glück hatte, sondern oftmals auch noch Pech dazukam, hatten ihre Spuren hinterlassen.
Münster wirkte mutlos und ohne zündende Ideen im Spielaufbau. Folglich gingen Bälle verloren, noch bevor man überhaupt die Mittellinie erreichen konnte. Über weite Strecken wirkte der FC griffiger, schneller in den Aktionen und zu jedem Zeitpunkt hellwach. Wenngleich es ein Ligaduell auf Augenhöhe hätte sein können, wirkten die Rheinländer beinahe eine Klasse besser.
Die Hoffnung währte nur kurz
Beinahe aus dem Nichts keimt Hoffnung auf. Mees verarbeitet ein Zuspiel von Hendrix und flankt scharf in den Strafraum der Kölner. Hübers fälscht diese Hereingabe unerwartet – und damit auch unhaltbar für Schwäbe – in die eigenen Maschen ab. Ein erlösender Jubelschrei macht sich in der Gästekurve breit, und man erinnert sich kurz ans „Prinzip Hoffnung“: Wir haben keine Chance – also nutzen wir sie.
Ketzerisch könnte man fast sagen, dass die zuletzt traurig anmutenden Offensivbemühungen natürlich die tatkräftige Unterstützung des Gegners durch ein Eigentor benötigten. Aber im Abstiegskampf spielt es schlussendlich eine untergeordnete Rolle, wie man zum Torerfolg kommt.
So wirkt der Ausgleich in den Minuten vor der Pause auch kurzfristig wie eine Befreiung – bis in der Nachspielzeit der ersten Hälfte jedwede Hoffnung im Keim erstickt wurde. Nach minutenlanger Überprüfung durch den VAR entschied Schiedsrichter Bauer äußerst zweifelhaft, ein Handspiel von Fußballgott Scherder als strafwürdig zu werten, und zeigte auf den Elfmeterpunkt. Auch wenn Schenk die Ecke ahnte, war der Strafstoß von Waldschmidt zu präzise platziert – die Gastgeber stellten quasi mit dem Halbzeitpfiff den alten Abstand wieder her.
Die Wende blieb aus
In der Halbzeit machte die zwischenzeitliche Führung der Ulmer Spatzen die Runde, weswegen die Preußen in der Blitztabelle sogar auf einen direkten Abstiegsplatz abrutschten. Wenn nicht Ostern der richtige Zeitpunkt für ein (Fußball-)Wunder ist – wann dann? Doch es blieb an diesem sonnigen Nachmittag im Kölner Westen aus. Spätestens in der 56. Minute wurde dann auch dem kühnsten Optimisten klar, dass die Punkteausbeute heute wohl überschaubar bleiben dürfte.
Waldschmidt bedient im Strafraum der Münsteraner den mitgelaufenen Downs. Der verarbeitet das Zuspiel stark und trifft ins linke untere Eck. Das 3:1 sollte dann auch schon mehr oder weniger die Vorentscheidung sein. Die Kölner schalteten gefühlt einen Gang zurück, kontrollierten aber zu jedem Zeitpunkt das Geschehen.
Bemerkenswert: Münster konnte erstaunliche zwölf Ecken herausarbeiten, hatte aber bis zum Ende des Spiels nur neun Torschüsse zu verbuchen – einmal mehr ein Beleg für die Schwäche im Abschluss. Und so solide die Defensive ihren Job über nun 30 Spieltage auch gestaltet – ein erneut herausragender Johannes Schenk bewahrte die Preußen auch gestern vor Schlimmerem – so gewinnt man im Fußball eben nur Spiele, wenn man sich selbst in die Torschützenliste eintragen darf. Das letzte Stürmertor des SCP liegt zwei Monate zurück, und so wundert es kaum, dass selbst das Eigentor von Hübers den Münsteranern nur einen xGoals-Wert von 0,81 bescherte – obwohl ja zumindest die 1 neben dem Preußenadler auf der LED-Wand prangte.
Der schlimmste anzunehmende Schaden blieb dann doch aus: Da Köln in der verbleibenden Spielzeit nicht mehr machte, als unbedingt nötig, stand am Ende ein souveräner 3:1-Erfolg – und somit der Tabellenplatz 1 – zu Buche. Da die Ulmer im Parallelspiel gegen die Hertha aus Berlin im zweiten Durchgang doch noch Federn lassen mussten, verweilen die Preußen auf Platz 16.
Realistisch betrachtet läuft alles auf ein Endspiel um den Relegationsplatz hinaus. Mit Blick auf das Restprogramm und die aktuelle Formkurve bleiben die Sorgenfalten in Münster tief. Daher wären die Adlerträger gut beraten, am kommenden Samstag im Heimspiel gegen Darmstadt den dringend benötigten Befreiungsschlag zu schaffen.
Und auch dann heißt es wieder:
Alle zusammen für Preußen Münster!