Marco de Angelis – Ende einer zehnjährigen Ära

Rücktritt nach 10 Jahren Amtszeit beim SCP - Marco de Angelis
Rücktritt nach 10 Jahren Amtszeit beim SCP - Marco de Angelis

„Bis 2017: Präsidium einstimmig wiedergewählt“ titelte die Homepage des SC Preußen Münster am 28.01.2014. Knapp 1 Jahr und 3 Monate später folgte nun am Mittwoch die komplette Kehrtwende. „Marco de Angelis tritt zurück!“ war die Schlagzeile, die Westline (meines Wissens nach) als erste Seite schrieb.Es wäre müßig darüber zu recherchieren, was letzten Endes den Mann, der den Verein in den letzten zehn Jahren mit Herzblut geführt hat, zu seiner Entscheidung bewogen hat. Insofern handelt es sich bei diesem Text und eine reine Betrachtung der Vergangenheit, nicht mehr und nicht weniger.

Die Preußen Chronologie schreibt das Jahr 2005 als Dr. Marco de Angelis, ein renommierter Anwalt für Arbeits- und Gesellschaftsrecht zum Präsidenten des Bundesligagründungsmitglieds gewählt wird. Die Lage jedoch war alles andere als rosig. Sportlich hinkte der Verein in der damaligen Regionalliga Nord seinen Ambitionen hinterher, wirtschaftlich stehen rote Zahlen an der Tagesordnung. Auch die Zuschauerzahlen waren aus heutiger Sicht betrachtet, zu diesem Zeitpunkt mager. 2000-3000 Zuschauer verirrten sich maximal in die damalige Antikarena.

Getreu seinem Credo „der Verein wird unter meiner Führung kein wirtschaftlich unkalkulierbares Risiko eingehen.“ Sanierte er den Verein Schritt für Schritt.Sportlich folgte jedoch schon zu Beginn seiner Präsidentschaft der negative Höhepunkt. Ausgerechnet zum 100 jährigen Jubiläum im Jahr 2006 stieg der Verein in die 4. Liga, die damalige Oberliga Westfalen ab. Dies galt es möglichst schnell zu korrigieren. Die Installation von Georg Kreß als Trainer erwies sich als Fehler. Im dritten Anlauf unter dem neuen Trainer Roger Schmidt wurde die Meisterschaft gewonnen und sich, nach der Umstrukturierung der Ligen, für die damalig viertklassige Regionalliga qualifiziert.Sportlich hatte der Präsident also mit der Installation von Schmidt einen Teil des bis heute unvergessenen Betriebsunfalls gerade gerückt. Wirtschaftlich wurde weiter konsolidiert und serös ohne jegliche neue Schulden gearbeitet. Doch gab es in der Ära de Angelis auch infrastrukturell eine erhebliche Veränderung im Verein. 2008 gab es den erstes Spatenstich für die neue Haupttribüne, die durch VIP Plätze und Business Logen dem Verein ganz neue Möglichkeiten erbrachte.Für den neutralen Zuschauer wirkte es langsam, als hätte unter de Angelis der Verein einen Schritt zurück gemacht, um mit Anlauf zwei Schritte nach vorne zu gehen. Ein Ruck ging durch Münster und langsam wuchs auch in der Stadt das Interesse. De Angelis hatte es mit Hilfe des finanzstarken Aufsichtsratsvorsitzenden Thomas Bäumer und Hannes Pfeiffer geschafft, dem Verein sportlich, wirtschaftlich und infrastrukturell langsam aber sicher eine neue Wahrnehmung zu verschaffen.

Doch, so sprach er die neue Zielsetzung auch offen aus, war das persönliche Ziel immer, möglichst schnell in die, mittlerweile eingleisige, Drittklassigkeit des deutschen Fußballs aufzusteigen. Der Erfolgscoach des Jahres 2008, Roger Schmidt, musste nach zwei Fehlversuchen im Jahr 2010 seinen Hut nehmen. Doch zu ihm verbindet de Angelis nach wie vor eine enge Freundschaft. Als Nachfolger kam Marc Fascher. Durch die mittlerweile hervorragende Finanzpolitik konnte der Verein es sich erstmals erlauben, einen vergleichsweise teuren Kader zu stellen. Exakt fünf Jahre nach dem Tiefpunkt der Ära de Angelis sollte das Jahr 2011 den Höhepunkt bieten. Als Meister der Regionalliga West sollte der SC Preußen Münster in den deutschen Profifußball zurückkehren. Doch zwischen den Fans und dem Präsidenten sollte es langsam erste Brüche geben. Den Höhepunkt fanden diese, als der Vorstand um de Angelis sich nach dem Spiel 2012 in Oberhausen entschloss, aufgrund von Meinungsverschiedenheiten den durchaus beliebten Aufstiegstrainer Fascher zu entlassen. Das Ganze gipfelte zunächst im März 2012 im Ligaspiel gegen den SV Darmstadt, als das Spiel zur Nebensache geriet und die Fans den Abgang des Vorstandes lautstark forderten. Doch man kann Marco de Angelis nicht nachsagen, dass er nicht lernfähig sei. Auch er macht neben diverser guter Auftritte und Handlungen Fehler. Soll angeblich ja menschlich sein…

In der Folgezeit intensivierte er im Zusammenspiel mit seinem Vorstandskollegen Georg Krimphove den Kontakt zur Münsteraner Fanszene und versuchte langsam und unaufdringlich die Wogen zu glätten. Angefangen bei einem Grillen der Fans nach Saisonende bis hin zu kontroversen Diskussionen, war er stets bemüht, sich die Akzeptanz der Anhänger zurück zu holen. Im Endeffekt näherte er sich den Fans sogar so sehr, dass er tatkräftig dabei half, die heutige Fiffi-Gerritzen-Kurve mitzustreichen und somit der Anhängerschaft deutlich näher kam.Mit der Harmonie im Verein wuchs auch die Mannschaft immer weiter und entwickelte sich konstant nach vorne. Unter Trainer Pavel Dotchev besiegte der SC Preußen Münster 2012 den SV Werder Bremen sensationell in der Verlängerung mit 4:2. Ein Meilenstein für den Vorstand um den Juristen war geschafft. Denn, so konnte der er auf der nächsten Jahreshauptversammlung stolz verkünden, dass die Verbindlichkeiten, die bei seinem Amtsantritt 1,4 Millionen Euro betrugen, komplett getilgt sein. Schuldenfrei – für einen Drittligisten in heutiger Zeit ist dies keine Selbstverständlichkeit. An dieser Stelle würde eine der bekanntesten Aussagen de Angelis’ passen, nämlich: „Danke Hannes!“ Doch eine Erweiterung sei an dieser Stelle erlaubt und auch am heutigen Tage noch aktuell: „Danke Hannes, danke Marco!“

In der Saison 2012/2013 stand die Mannschaft des SCP dann vor einem der größten Träume des leidenschaftlichen Präsidenten. Er wolle die 3. Liga in seiner Amtszeit nur nach oben verlassen, ließ er während der Saison verlauten. Im Saisonfinale scheiterten die Adlerträger auf unerklärliche Weise und mussten drei anderen Mannschaften beim Aufstiegsjubel zusehen. Als emotionaler Mensch ließ er sich also nach Saisonende zu der Aussage „Auf diese Lutscher habe ich keinen Bock mehr!“ hinreißen. Unglücklicherweise im Beisein des örtlichen BILD Journalisten Joachim Schuth, der diesen Satz prompt veröffentlichte. Nach einigem Zurückrudern bemerkte de Angelis sowohl seinen Fehler als auch die Tatsache, dass er doch noch Bock hatte. Und diesmal wurde auch vor der Saison kommuniziert, dass der SCP die Ambitionen habe den Weg nach oben Richtung zweite Bundesliga zu nehmen. Jedoch geriet der Club unter Dotchev in akute Abstiegsnot, der neunte Trainer der mittlerweile acht Jahre andauernden Ära wurde installiert. Mit Ralf Loose konnte der Präsident einen durchaus kompetenten Mann für den SCP gewinnen. Mit ihm sollte der Fußball zwar nicht ansehnlicher, aber ergebnistechnisch verbessert werden. Und in der aktuellen Saison sollten die Adlerträger erneut lange an der Tür zur zweiten Liga klopfen. Jedoch brach die Mannschaft nun bereits im Frühling aus unerklärlichen Gründen ein.

Im Schatten des Rücktritts von Jürgen Klopp verkündete er am 15.04.2015, sein Ehrenamt als Präsident des SC Preußen Münster zum Saisonende niederzulegen. Zwei Jahre früher als es bei seiner Wiederwahl kommuniziert wurde und auch für einen Großteil der Anhängerschaft kam dieser Schritt wohl überraschend. Nun ist es also Zeit einen Nachfolger zu finden, für jemanden, der zehn lange und oftmals harte Jahre den Verein Preußen Münster mit viel Herzblut und Leidenschaft geführt hat. Wie es weitergeht mit der Lücke die Marco de Angelis hinterlässt? Man weiß es (noch) nicht.

Wie es mit Marco de Angelis weitergeht? Vermutlich wird er sich neben der Arbeit in seiner Kanzlei öfter seiner Familie widmen. Oder sich weiterhin fit halten und um den Aasee joggen. Oder am selbigen in seinem Lieblingsrestaurant Il Divino, vom Vater des ehemaligen Preußenspielers Massimo Ornatelli geleitet, italienische Köstlichkeiten verspeisen.

Ein ehemaliger Lehrer sagte einst über ihn: „“Marco war als Schüler aufmerksam und mit Fußballern konnte ich ja auch immer gut“

Das sein Schüler eines Tages die Präsidentschaft des größten Münsteraner Sportvereins übernehmen sollte, war damals aber auch für ihn nicht absehbar. Ich verbleibe jedoch nur erneut bei meiner Aussage aus der Mitte dieses Textes und sage: „Danke Marco für zehn aufreibende Jahre, in denen du unseren Verein entschuldet hast und zurück auf die deutsche Landkarte des Fußballs gebracht hast!“

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