Es ist angerichtet – Der SCP gastiert an der Hafenstraße
Erster gegen Zweiter, Rot-Weiss Essen gegen Preußen Münster. Es kann losgehen. Außer gegen Alemannia Aachen traf der SCP in seiner langen Historie auf keinen Gegner öfter als die Mannschaft von der Hafenstraße. An selbiger erklingt am Sonntagmittag um 14 Uhr der Anpfiff von Schiedsrichter Christian Scheper. Dann geht es darum, ob der SC Preußen noch einmal tief in den Meisterschaftskampf eingreifen kann oder ob die Gastgeber auf acht Punkte wegziehen. Spannung pur ist also vorprogrammiert.
Das Hinspiel schmerzte lang
In der Hinrunde siegte RWE mit 3:2 an der Hammer Straße. Einer furiosen ersten Halbzeit folgte ein absolutes Drama. Thorben Deters hatte die Adlerträger frühzeitig mit einem Doppelpack in Führung geschossen, das Tempo, was die Männer von Sascha Hildmann im ersten Durchgang gingen, war schlichtweg atemberaubend. Leider so atemberaubend, dass in der zweiten Hälfte etwas die Puste ausging. Kevin Holzweiler und Isaiah Young sorgten zunächst noch nach knapp einer Stunde Spielzeit für den Ausgleich zum 2:2. In der 89. Minute hielt Top-Torjäger Simon Engelmann nach einer Standardsituation den Schlappen rein – auf einmal stand es 3:2. Dass der SCP in der Folge noch nach drei durchaus strittigen Zweikämpfen an Schwadorf, Thiel und Bindemann einen Elfmeter hätte erhalten können, aber nicht bekam? Nervig, unverdient, aber passte ins Gesamtbild des zweiten Abschnitts. Doch wie Sascha Hildmann auf der Pressekonferenz verkündete, ist das Thema abgehakt und man fokussiere sich nun auf das Spiel am Sonntag. Richtig so.
Die Cause Dennis Grote
Schon kurz vor der Winterpause flogen die Fetzen zwischen beiden Vereinen, mehr als jetzt im Vorfeld, wo sich die Verantwortlichen auf beiden Seiten betont ruhig gaben und kein Öl ins Feuer gießen wollten. Selbst die Ruhrgebiets-Gazette Reviersport blieb in dieser Woche relativ sachlich. Vielleicht auch, weil vor dem Hinspiel diverse Krawallberichte hochgeholt wurden und es – wie allseits bekannt – nach dem Spiel unschöne Auseinandersetzungen gab.
Doch zurück zum Winter. Der damalige RWE-Kapitän Dennis Grote ist mit Peter Niemeyer bereits seit längerer Zeit befreundet. Dieser konnte ihm in Münster offenbar eine bessere Perspektive aufweisen (auch nach der aktiven Karriere), als es bei Essen der Fall war. Insofern bat Dennis Grote um seine Freigabe, die ihm jedoch strikt verweigert wurde. Anschließend wurde Grote suspendiert und wechselte nach Ablauf des Transferfensters in Deutschland zu Wacker Innsbruck in die zweite österreichische Liga. Die komplette Wahrheit hinter der Nummer wird wohl nie ans Licht kommen. Die Abneigung, die Grote aus Essen entgegengebracht wurde, ist auch bis zu einem gewissen Grad nachvollziehbar. Man stelle sich das Szenario einmal andersrum vor. Warum die Verantwortlichen von RWE jedoch das Fass so weit öffneten und damit an die Öffentlichkeit gingen, bleibt wohl ihr Geheimnis. Grote hatte betont, die Absage akzeptiert zu haben und sich weiter voll in den Dienst der Mannschaft zu stellen. Wie gesagt – die volle Wahrheit wird außer den Betroffenen wohl niemand komplett wissen. Nun steht RWE also ohne seinen Kapitän da, legte im Winter aber noch einmal kräftig auf dem Transfermarkt nach.
Auch RWE verstärkt sich dreifach
Mit Fabian Rüth (TSG Hoffenheim II) und Marius Kleinsorge (1.FC Kaiserslautern) schnürte man bereits frühzeitig im Transferfenster den Doppelpack. Rüth kam aus einer der besten Jugendabteilungen in Deutschland, Marius Kleinsorge dürfte jedem Münsteraner nach dem Abstiegsspiel gegen den SV Meppen 2020 ein (unangenehmer) Begriff sein. Ja und dann kam da noch ein gewisser Thomas Eisfeld, der in der abgelaufenen Saison immerhin mit dem VfL Bochum in die Bundesliga aufstieg und dort zu 22 Einsätzen kam, wenngleich dies vermehrt in Form von Einwechslungen zustande kam. Aber dennoch: Eisfeld spielte schon in England für Arsenal und Fulham und hat eine äußerst spannende Vita. Alleine, dass RWE sich so einen Spieler leisten kann, zeigt in was für finanzielle Dimensionen man unterwegs ist.
Keine Änderungen in der SCP-Startelf
Beim SC Preußen dürfte sich nach dem Sieg gegen Ahlen wenig an der Grundformation ändern. Dennoch hat man erneut mit weiteren Ausfällen zu kämpfen. Dennis Daube, der unter der Woche seinen Vertrag in Münster verlängerte, und Manfred Kwadwo sind in den nächsten Wochen und Monaten eh nicht einzuplanen. Für das Spiel am Wochenende fallen jedoch auch noch Luke Hemmerich, Darius Ghindovean und Henok Teklab fix aus. Gerade die beiden letztgenannten hatten einen nicht unerheblichen Anteil am 2:0-Heimsieg vergangenen Samstag. Auch Jules Schwadorf steht auf der Kippe, nach seiner Verletzung fehlt ihm ohnehin die Spielpraxis. Zwar kehrte Simon Scherder nach überstandener Corona-Erkrankung zurück, Robin Ziegele ließ gegen Ahlen jedoch nichts anbrennen und dürfte die Nase zunächst vorn haben.
Es bleibt aber spannend, ob Hildmann erneut Wegkamp in das zentrale Mittelfeld zieht und Alexander Langlitz an vorderster Front stürmt. Der Platz in Essen wird auch nicht zum Fußball spielen mit feiner Klinge einladen, insofern ist diese Variante für den Moment das Mittel der Wahl. Zwar tauschte RWE unter der Woche den Rasen in den Strafräumen aus, der Rest des Platzes gleicht wahrscheinlich dennoch mehr einem Acker. So ist es nun einmal mit vielen Niederschlägen zu dieser Jahreszeit. Dennoch spielen beide Teams auf demselben Platz und daher darf dies kein Grund für Ausreden sein.
RWE mit zwei Rückkehrern
Die Aufstellung von Rot-Weiss Essen hingegen ist weniger klar. Beim Duselsieg gegen den Tabellen-19. VfB Homberg (1:0 in der 88. Minute durch ein Eigentor von Philipp Meißner) fehlten die gesperrten Luca Dürholtz und Sandro Plechaty. Beide sind absolute Leistungsträger und dürften gegen die Preußen zurück in die Startelf kehren. Abzuwarten bleibt, welche taktische Ausrichtung Trainer Christian Neidhart in der Defensive vorgibt. Denn mit Felix Bastians, Felix Herzenbruch, Enrique Rios Alonso und insbesondere Daniel Heber hat RWE gleich vier herausragende Innenverteidiger für die Regionalliga.
Zwar spielt Bastians zumeist auf der linken Verteidigung, kann aber auch den inneren Part übernehmen. In der Offensive hat man mittlerweile dort auch die Qual der Wahl. Zwar thront Simon Engelmann erneut an der Spitze der Torjäger in der Regionalliga West, hat mit 13 Toren in 23 Spielen jedoch nicht mehr die herausragende Quote wie in den vergangenen Jahren. Rechnet man zudem die zwei statistischen Ausreißer in Form von Dreierpacks bei den Kantersiegen gegen Bonn und Uerdingen heraus, wird klar, dass die Treffer mittlerweile auf mehrere Schultern verteilt werden. Schlüsselspieler in der Offensive wurde im Laufe der Saison immer mehr Isaiah Young. Der pfeilschnelle Außenstürmer wurde in der letzten Saison noch kritisch beäugt, weiß in dieser Spielzeit aber absolut zu überzeugen. Julian Schauerte dürfte davon aus dem Hinspiel ein Lied singen können.
10.000 Zuschauer, 800 Preußen
Immerhin 10.000 Zuschauer sind am Wochenende an der Hafenstraße zugelassen. 800 davon gingen nach Münster und waren innerhalb von weniger als zehn Minuten restlos ausverkauft. Äußerst schade, dass man nicht das übliche 10%-Kontingent erhielt. Im Hinspiel gingen bei 7.500 zugelassenen Zuschauern immerhin auch 750 Karten nach Essen (oder auch woanders hin, aber das ist eine andere Geschichte). Dennoch: Eine fünfstellige Kulisse, ein gut gefüllter Auswärtsblock. Das verursacht Bock.
Der dürfte bei der Mannschaft ohnehin schon vorhanden sein. Wenn die Essen-Fans immer vom Hafenstraßen-Fußball in Form von Kampf und Rasen umpflügen sprechen, ist es genau das Mittel, was die Adlerträger dem entgegensetzen sollten. Auch Sascha Hildmann sprach davon, dass es morgen Kämpfer auf dem Platz braucht. Dass die Mentalität der Mannschaft stimmt, das hat sie oft genug bewiesen.
Beide Mannschaften haben zudem eine äußerst eindrucksvolle Bilanz aufzuweisen. RWE verlor bislang ein Spiel (zu Hause 1:4 gegen Straelen) am 3. Spieltag, ist seitdem ungeschlagen. Der SCP wiederum verlor zwei Mal (daheim 2:3 gegen RWE, zudem 2:3 in Köln) und kann eine 14-Spiele-Serie ohne Niederlage verzeichnen. Insofern erwartet die Zuschauer ein heißes Spektakel. Hoffentlich erneut mit einem Auswärtssieg. Denn nur damit würde es noch einmal spannend im Kampf um den begehrten Aufstiegsrang. Und dann ist da ja noch Fortuna Köln, die mit Siegen in den Nachholspielen durchaus noch der lachende Dritte sein könnte. So viel Tradition, Rivalität, Spannung – eigentlich traurig, dass es „nur“ in der vierten Liga stattfindet.
Die Kulisse hingegen dürfte morgen jedoch Bundesligaspiele wie Augsburg – Wolfsburg oder ähnliches definitiv in den Schatten stellen. Für die 800 anreisenden Münsteraner gilt natürlich wie immer:
Alle zusammen für Preußen Münster!
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