Der Adler und das verwundete Zebra
Nein, bei der Überschrift wollen wir euch kein Märchen erzählen. Am Samstag trifft der SC Preußen Münster auf den MSV Duisburg, umgangssprachlich aufgrund ihres Trikotdesigns auch liebevoll die Zebras genannt. Doch die Zebras sind derzeit nach einem schwachen Saisonstart (0 Siege, 3 Unentschieden, 5 Niederlagen) sportlich enorm angeschlagen unterwegs, das Wasser der Wedau steht ihnen bis zum Hals. Leichtes Spiel also für den Preußen-Adler, der noch mit Wind vom Pokalspiel unter den Flügeln ins Ruhrgebiet reist? Mitnichten, denn a) gibt es in der 3. Liga kein leichtes Spiel und b) ist die Bilanz des SCP in Duisburg mit gerade mal einem Sieg in elf Spielen alles andere als verheißungsvoll.
MSV ohne Mai
Zunächst mal ein Blick auf den kommenden Gegner: Auch die Duisburger haben eine englische Woche hinter sich, gastierten am Mittwoch beim vorgezogenen Spiel des 9. Spieltags in der roten Erde bei Borussia Dortmund II. Am Ende musste man sich mit 0:1 geschlagen geben. Besonders bitter war dabei der Bärendienst, den Kapitän Sebastian Mai seiner Mannschaft erwies. Während sein Torwart Vincent Müller den Ball nach vorne spielen wollte, checkte er völlig unnötig seinen Gegenspieler weg. Gelb-rot war die Konsequenz, das Wiedersehen mit seinem Ex-Club fällt für den besten Torjäger (3 Tore) der Zebras also flach.
Spielmacher Kolja Pusch (Adduktorenprobleme) und Stürmer Alexander Esswein (Daumenbruch) werden gegen die Preußen mitwirken können, bei Esswein verriet Trainer Vural sogar, dass er von Anfang an spielen wird. Dennoch schmerzen den MSV die Ausfälle von Kölle und Pledl, die beiden Flügelspieler laborieren jeweils an einer Schulterverletzung und werden noch längere Zeit ausfallen. Beide Spieler wären ohne ihre Verletzungen gesetzt gewesen, gerade Kölle schaffte in der vergangenen Saison den Durchbruch und war neben dem gebürtigen Münsteraner Caspar Jander einer der Shootingstars an der Wedau. Pledl wechselte mit hohen Erwartungen an die Wedau, ist aber nun ebenfalls noch länger zum Zuschauen verdammt.
Statik des MSV-Kaders hat sich verschoben
Apropos Wechsel: Neben Pledl kamen mit jenem, Alexander Esswein und Pascal Köpke, zwei große Namen und arrivierte Zweitliga-Kräfte. Mit Robin Müller und Tim Köther kamen zwei junge Flügelspieler, gerade der Wechsel von Köther war jedoch auch eine Reaktion auf die Verletzungssorgen. Mit Santiago Castaneda kam zudem ein 18-jähriger Sechser aus den USA, dem die Akklimatisierung jedoch scheinbar keine Probleme zu bereiten scheint, in drei der letzten vier Spiele fand er sich in der Startelf wieder.
Doch auch aufseiten der Abgänge sind durchaus bekannte Namen zu verzeichnen. Eigengewächs Julian Hettwer wechselte für eine stattliche Ablösesumme von 500.000 € nach Dortmund und hat nun in seiner noch jungen Laufbahn bereits das Trikot von Bochum, Schalke, Duisburg und dem BVB getragen. Ruhrgebiet durchgespielt. Ähnlich durchgespielt, nur 16 Jahre älter, hat das Ruhrgebiet Moritz Stoppelkamp, der jetzt für Rot-Weiß Oberhausen die Fäden im Mittelfeld zieht und der wahrscheinliche beste Kicker in der Regionalliga West sein dürfte. Ein Abgang, der ein wenig verwunderte, schließlich war der gebürtige Duisburger bis zum Sommer DIE Identifikationsfigur bei den Zebras.
Doch mit der Begründung hinter vorgehaltener Hand „Das Spiel würde sich zu sehr auf ihn fokussieren“ und die Mitspieler würden sich zu sehr auf seine Ausnahmequalitäten verlassen, gab man ihm den Laufpass. Womöglich ein Fehler, wenn man sich den Saisonstart anschaut. Mit Kwadwo und Frey gingen zwei Spieler nach München zu 1860, gerade Freys Abgang als Sechser konnte ebenfalls nicht aufgefangen werden. Auch mit Bouhaddouz, Gebalies, Raeder und Ajani verließen weitere teils langjährige Zebras den Verein, wenngleich ihr Verlust sportlich nicht so schwer wiegt. Dennoch scheint sich die neue Mannschaft noch nicht gefunden zu haben.
Ziegner muss gehen, Vural übernimmt
Bereits nach sechs Spielen musste Torsten Ziegner seinen Hut nehmen, zu schlecht war der Saisonstart. Das Spiel gegen den SC Verl brachte das Fass dann zum Überlaufen. Nach früher 2:0 Führung nach 13 Minuten musste man in der 93. Minute den dritten Treffer von Verl-Kapitän Corboz hinnehmen – der MSV verlor die Partie, Ziegner seinen Job. Für ihn übernahm der bisherige U19-Trainer Engin Vural die Mannschaft. Doch in den beiden anschließenden NRW-Duellen gegen Viktoria Köln (0:2) und Borussia Dortmund II (0:1) verlor man erneut und konnte nicht mal einen eigenen Treffer erzielen. Beim MSV rumort es gewaltig, die Vision bis 2025 wieder in die 2. Bundesliga zurückzukehren erscheint zum jetzigen Zeitpunkt absurd. Zumal der Geschäftsführer Sport und Ex-Preuße Ralf Heskamp lediglich einen Vertrag bis 2024 besitzt. Ab Sommer würde dann selbst bei einem möglichen Klassenerhalt erneut ein Umbruch vollzogen. Das passt hinten und vorne nicht und beschreibt die Lage des MSV sehr gut.
Neues Geläuf für die Zebras
In der Schauinsland-Reisen-Arena war zuletzt nicht nur 3. Liga Fußball zu bestaunen, sondern es wurde auch Football gespielt. Am vergangenen Wochenende gewann Rhein Fire die Meisterschaft der ELF vor ausverkauftem Stadion. Doch darunter litt der Rasen, weshalb dieser nun unter der Woche ersetzt wurde. Aufgrund der geringen Zeitspanne ist anzunehmen, dass es sich um Rollrasen handelt – an dieser Stelle noch mal ein Gruß ins benachbarte Essen. Neuer Rasen, ein angeschlagener Gegner, ein zuletzt sehr kritisches Publikum – eigentlich alles angerichtet für einen Sieg? Na ja. Es ist halt immer noch Preußen Münster, die so eine Vorlage gerne mal nicht verwandeln. Das wissen wir alle.
Kok fehlt, Schulze Niehues spielt
Bittere Nachrichten aus dem Bayern-Spiel: Abwehrchef Thomas Kok zog sich eine muskuläre Verletzung zu und wird gegen Duisburg nicht aktiv mitwirken können. Eine genauere Diagnose steht noch aus. Ogechika Heil wird mit einem Muskelfaserriss noch länger ausfallen. Hinzu kommen die Langzeitverletzten Shaibou Oubeyapwa, Dominik Schad und Dennis Grote. Überraschenderweise ist Dennis Grote nach seiner Kreuzbandverletzung schon wieder am nächsten dran, wird jedoch auch noch einige Zeit benötigen.
Wie Trainer Sascha Hildmann den Ausfall von Kok kompensieren wird, ließ er sich am Freitag noch nicht entlocken. Simon Scherder wäre eine Option. Auf der linken Seite ist noch nicht final geklärt, ob Marc Lorenz oder Benjamin Böckle auflaufen werden. Sicher ist jedoch, dass Max Schulze Niehues, der unter der Woche Vater wurde (Herzlichen Glückwunsch an dieser Stelle!) zwischen die Pfosten zurückkehren wird. Der Keeper nahm am Mittwoch sogar eine Sondereinheit auf sich und wird am Samstag das Preußen-Tor hüten.
Nach dem im Spiel gegen Bayern auf ein 5-4-1 gesetzt wurde, wird der SCP am Samstag wohl wieder im üblichen 5-3-2 auflaufen. Das 5-4-1 sei zwar eine Option, nimmt allerdings viel offensive Durchschlagskraft und könnte somit eher in Spielen wie gegen Spitzenreiter Dynamo Dresden zum Einsatz kommen.
1000 Tickets im Vorfeld verkauft
Erneut wird sich eine vierstellige Anzahl von Preußen-Fans auf den Weg zu einem Auswärtsspiel machen. Während die 3. Liga früher teilweise bis zu acht Mannschaften aus dem Osten beheimatete, sind es in dieser Spielzeit ganze sieben Mannschaften aus NRW. Kürzere Anreise, dazu, die höhere Rivalität und Attraktivität der Spiele dürften hier als Gründe anzuführen sein. In NRW gab es in den Spielen gegen Essen und Bielefeld bislang jedoch weder Tore noch Punkte zu bejubeln, lediglich beim 2:0 in Sandhausen wurde etwas Zählbares mitgenommen. Höchste Zeit, dies zu ändern!
Alle zusammen für Preußen Münster!
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