Wäre Preußen in Liga 4 oder 5 besser aufgehoben?

Wir befinden uns im Jahre 2019. Ganz Fußballdeutschland ist vom Kommerz beseelt. Ganz Fußballdeutschland? Nein ein von unbeugsamen Fans besuchter Fußballverein hört nicht auf dem Kommerz Widerstand zu leisten.

So oder so ähnlich könnte man die aktuelle Situation beim SCP beschreiben. Dabei habe ich nicht mal das Gefühl, dass dies von Seiten des Vorstandes kommt, auch wenn immer wieder betont wird, dass man sich auf den Weg eines Ausbildungsvereines spezialisieren will. Durch das mantraartige Wiederholen der Tatsache, dass einfach kein Geld da sei, kann man irgendwann ziemlich gut zwischen den Zeilen lesen wie begierig der Vorstand eigentlich auf neue finanzielle Goldtöpfe wartet.

Was auch gar nicht verwunderlich ist, denn für einen einigermaßen erfolgreichen Fußballverein benötigt man einen von drei Dingen:

1. Viele Fans

Wenn ein Verein ein Zuschauermagnet ist, macht ihn das attraktiv für Sponsoren aber auch für die Stadt selbst, die den Verein als Aushängeschild nutzen kann. Sponsoren und Städte bringen Geld in die meist klammen Kassen der Vereine. Münster hat laut der Seite liga3-online.de einen aktuellen Zuschauerschnitt von 6.252 Fans pro Spiel und belegt damit Platz 11. Das ist für eine Stadt wie Münster eindeutig zu wenig und für einen Verein wie Preußen Münster eigentlich auch. Selbst Meppen hat einen höheren Zuschauerschnitt. Der Verein findet dazu auch in der Stadt fast gar nicht statt. Ein kleiner Laden in den Arkaden, keine Fanartikel in den Münsteraner Geschäften. Stattdessen alles voll mit Borussia Dortmund, Bayern München etc. Aber so lange Preußen nicht erfolgreich spielt, wird das nichts mit den vielen Fans.

Obwohl das Potenzial definitiv vorhanden wäre, erinnert man sich noch an die erfolgreiche Saison unter Pavel Dotchev. Gleichzeitig wird es durch die sportliche Erfolgslosigkeit immer schwieriger, seine Kinder, Nichten, Neffen, Enkelkinder vom SCP zu überzeugen, wenn die ganzen coolen Stars und Idole nicht in Münster sondern in Dortmund spielen und die eigenen Freunde von einem Besuch im Westfalenstadion schwärmen.

2. Die Stadt steht hinter dem Verein

Wie oft wird sich darüber lustig gemacht, dass viele Vereine wie zum Beispiels Osnabrück, Bielefeld, Kaiserslautern und viele andere ohne die öffentliche Hand gar nicht mehr existieren würden. Wie oft stellt(e) man hervor, dass man selbst dies ja gar nicht nötig hätte. Aber das finanzielle Eingreifen von Kommunen zeigt auch, dass den Städten etwas an ihren Vereinen liegt. Für viele Städte sind ihre Fußballvereine sportliche Aushängeschilder, die gefördert werden. Es werden riesige Fußballtempel errichtet, Bilanzen bereinigt, anderweitige Dinge übernommen, damit die Vereine mehr Budget bei Transfers haben. Aber was ist mit Münster? Leere Versprechungen von neuen Stadien, Vertröstungen, ein paar Flickschustereien und dann nach sehr sehr sehr sehr langer Zeit endlich Licht am Ende des Tunnels. Ein neues Stadion. Doch kommt es diesmal wirklich? Allein der Glaube fehlt mir daran.

Oder es wird so sehr auf das festgelegte Budget gepocht, dass am Ende kein neues Stadion steht, sondern ein halbfertiger 0815 Sportplatz mit dem keiner so wirklich zufrieden ist. Selbst wenn irgendwann das neue Stadion stehen sollte, benötigen die Preußen mehr als das. Sie benötigen die Unterstützung und den Rückhalt der Stadt und der Bewohner. Der Verein kann nämlich mehr für alle sein, als ein gerngesehener Wahlhelfer. Sofern es sportlich erfolgreich läuft versteht sich und das bitte aus eigener Kraft.

3. Einen Investor

Hier kommen wir nun zum roten Tuch für viele Fans: Der Investor. Bei diesem Wort hat man schnell die ganzen Negativbeispiele im Kopf. Uerdingen, 1860 München, RB Leipzig, Hoffenheim. Zumindest die ersten beiden Beispiele zeigen, dass sportlicher Erfolg mitnichten zwangsläufig erkaufbar ist. Dies kann die unterschiedlichsten Gründe haben, wie Misswirtschaft oder sportliche Fehlgriffe. Nicht immer führt ein Investor auch zum Erfolg. Was ein Investor in den meisten Fällen jedoch tut: Er schafft Unabhängigkeit. Unabhängigkeit vom Fanaufkommen und von städtischer Rückendeckung. Für einige Vereine war dies der Weg in die erste Liga und brachte Städte in Ligen, die ohne einen Investor für diese nie erreichbar gewesen wäre. Auf der anderen Seite, was passiert, wenn der Investor einfach abspringt und sein gesamtes Geld gleich mitnimmt? Das ist ein sehr reales Risiko, bei dem man überlegen muss ob man es eingehen möchte oder nicht.

Hat ein Verein jedoch weder viele Fans, noch die Stadt im Rücken, dann ist ein Investor meistens die einzige Chance einigermaßen erfolgreich Fußball spielen zu können. Der SCP hat diesem Modell jedoch mit der Gründung der GmbH einen Stolperstein vorgeschoben. Ein Investor möchte natürlich im Verein etwas zu sagen haben. Verständlich. Wenn ich viel Geld in einen Verein buttere, dann möchte ich zumindest Einfluss nehmen können. Die GmbH in Münster legt den Fokus jedoch mehr auf Mitbestimmung. Alle Positionen müssen mehrheitlich durch direkt gewählte Personen besetzt werden. Das schreckt viele Investoren natürlich ab und unter anderem deshalb stehen in Münster die Investoren nicht gerade Schlange. Natürlich können Investoren in die wichtigen Positionen von den Mitgliedern hineingewählt werden, aber dieses Szenario halte ich für sehr unwahrscheinlich.

Die Frage ist, wenn man den Verein ausgliedern wollte, wieso wählt man dann so einen engen Rahmen und geht nicht direkt in die Vollen um mehr Geld zu generieren? Die Ausgliederung sollte den SCP professionalisieren und für mehr Einnahmen sorgen. Letztendlich kam von den Mehreinnahmen nichts bei der Mannschaft an. Mehr Investoren sind nicht in Sicht. Worin besteht also der Vorteil des Weges der Preußen?

Und nun?

Münster hat keines von diesen drei Dingen. Die Fans bleiben fern oder fahren lieber auf Schalke oder nach Dortmund. Liegen ja auch gut erreichbar, bieten in ihren modernen Stadien relativ erfolgreichen Fußball und sogar internationale Spiele. Gleichzeitig scheint der SCP nicht so wichtig für die Stadt oder die Region zu sein wie bspw. Essen, Bielefeld oder sogar Meppen. An die erfolgreicheren Zeiten wie die Vize-Meisterschaft kann sich kaum noch jemand erinnern und auch die einzige Bundesligasaison der Geschichte ist schon sehr lange her. Woher sollen dann die neuen Generationen von Fans kommen?

Für die Stadt selbst hat der Verein ohnehin keinen Mehrwert. Dies sieht man wie stiefmütterlich man behandelt wurde und wird. Der Verein findet in der Stadt nicht statt, kaum einer unterhält sich über das Spiel vom Wochenende, außer vielleicht ein paar unverbesserliche Preußenanhänger.

Ein Investor birgt immer das Risiko, dass dieser bei einem Weggang einen komplett zerstörten Verein hinterlässt. Gleichzeitig wird die demokratische Grundlage der Vereine weiter zersetzt. Entgegen der landläufigen Meinung ändert sich jedoch erstmal nichts für einen normalen Fan, der sich einfach nur bei Bier und Bratwurst mit Freunden treffen möchte. Dennoch ist gerade die Thematik des Investors ein sehr schwieriges und viele Fans wehren sich gegen diese Form von finanzieller Unterstützung, zu Recht? Schaut man sich jedoch die anderen Vereine von Liga 1 bis teilweise Liga 4 an und vergleicht dies mit dem Budget der Preußen, muss klar werden, dass für erfolgreichen Fußball irgendwo Geld herkommen muss. Nur was ist man dafür bereit zu schlucken?

Man muss sich in Münster und beim SCP mal Gedanken machen, was man eigentlich möchte. Möchte man attraktiven Fußball sehen, der mittelfristig zu einem Erfolg oder sogar zu einem Aufstieg führen kann? Dann muss irgendwoher Geld kommen. Es müssen schnellstmöglich Strukturen professionalisiert, starke Spieler geholt und ein erfolgreiches Umfeld geformt werden. Ein Ausbildungsteam mit Minimaletat lockt weder Fans noch Sponsoren und verschärft die finanzielle Situation nur zusehends. Dies dürfte in einer Abwärtsspirale enden, so lange bis man irgendwann in Liga 4 oder sogar in Liga 5 endlich mal wieder eines der besseren Team ist. Nur dann heißen die Gegner nicht mehr Braunschweig, Kaiserslautern oder München, sondern Ahlen, Lippstadt oder Haltern.

Der Fußball entwickelt sich immer weiter in Richtung eines durchkommerzialisierten Wirtschaftsbetriebes und das von Liga 1 bis Liga 4 oder sogar noch weiter. Ist der SCP stark genug sich dagegen zu stellen? Werden die Fans mitgehen in diese Richtung? Oder bleiben letztendlich nur die wirklich hartgesottenen übrig? Was will der SCP sein? Erfolgreich? Ausbildungsverein? Die Fans bleiben den Spielen fern, neue Fans kommen kaum nach. Außergewöhnliche Spieler sind meistens schon bei einem finanziell potenteren Verein untergekommen oder spätestens nach einer Saison weg, Leistungsträger können nicht gehalten werden und jede Saison wird aufs neue eine Übergangssaison, aufgrund eines rigiden Sparzwanges. Zu allem Überfluss laufen viele andere Vereine dem SCP uneinholbar davon.

Preußen Münster wird, auch entgegen des Beispiels Paderborn, sich nicht ewig mit diesem Weg in der dritten Liga halten können und schon gar nicht aufsteigen. Es muss etwas geschehen, doch was?

Um den Bogen zurück zur, zugeben kontroversen, Überschrift zu schaffen: Ich finde, dass Münster mindestens in Liga 2 gehört. Aber der Weg wie andere Vereine immer mehr aufstocken und sich professionalisieren, während Münster weiterhin versucht den bescheidenen Weg zu gehen und dabei 10 Jahre hinterher hängt, wirkt eher wie ein mittelklassiger Viertligaverein. Leider ist es mittlerweile im Fußball genauso wie überall sonst auch: Ohne Moos nichts los. Der aktuelle Weg funktioniert vielleicht in Liga 4 oder 5, aber nicht mehr in Liga 3.

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2 Antworten

  1. Peter Pan sagt:

    Ich finde, dass Münster mindestens in Liga 2 gehört.

    –> Wie ungefähr 40 andere Vereine die dort hin wollen/hin gehören???

  2. seit 10 Jahren nicht mehr dagewesen sagt:

    Diesen Artikel kann ich nur bedingt nachvollziehen. Zu Studienzeiten (2002 bis 2009) bin ich regelmaessig Gast im Preussenstadion gewesen. Damals lag der Zuschauerschnitt immer etwa bei 3.000, auch zu Zeiten der Regionalliga Nord mit Schlagerspielen gegen RWE, Osnabrueck, Duesseldorf, Dresden. Dieser Artikel haette damals deutlich besser gepasst als heute, wo sich der Zuschauerschnitt verdoppelt hat.
    Preussen geht genau den richtigen Weg. Die Erfahrungen der Vergangenheit haben gezeigt, dass mit dem schnellen Geld kein schneller Erfolg kommt. Investoren lohnen nur, wenn sie auf Weltniveau agieren, wie Red Bull bei Leipzig oder SAP bei Hoffenheim.

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