Die Adler ringen auch die Löwen nieder
Bereits seit dem Aufstieg im vergangenen Sommer konnte man aus Fan-Kreisen immer wieder hören, wie sehr man sich doch wieder auf solche Spiele freut. Gegen Mannschaften, gegen die man vor über 60 Jahren bereits in der 1. Bundesliga aufgelaufen ist. Doch nur noch die wenigsten dürften sich an den 14.3.1964 zurückerinnern, als der SC Preußen Münster beim TSV 1860 München im Grünwalder Stadion mit 1:3 verlor. Nun machten sich die Adlerträger an diesem Wochenende erneut auf den Weg in die bayrische Landeshauptstadt, um zum vierten Mal überhaupt in einem Pflichtspiel gegen die Löwen von 1860 im München anzutreten.
Und die Vorzeichen standen aus Preußen-Sicht ausgesprochen gut. Denn während 1860 eine eher durchwachsene Saison mit Höhen und Tiefen durchlebt, hat der Preußenadler in diesem Jahr längst die Verlockungen an den oberen Regionen der Tabelle der 3. Liga erkannt und arbeitet sich seit Jahresbeginn durch eine konstante und souveräne Serie ohne Niederlage Stück für Stück nach oben. Und mit ordentlich Wind unter den Flügeln begleiteten auch über 1200 Preußenfans die Mannschaft nach München, um sie dort, trotz äußerst hohen Ticketpreisen, beim Traditionsduell zwischen Löwe und Adler zu unterstützen.
Neu formierte Viererkette
Doch bevor es auf dem Spiel um drei wichtige Punkte ging, musste Trainer Sascha Hildmann seine eingespielte Viererkette umbauen. Jano ter Horst sah am vergangenen Samstag gegen Halle seine fünfte gelbe Karte in dieser Saison und fiel somit aus. Ersetzt wurde er von Dominik Schad, der von der linken Seite der Abwehrreihe auf seine angestammte rechte Seite wechselte. Die offene Position als Linksverteidiger nahm Benjamin Böckle ein, der sich nach einer mehrere Wochen andauernden Sprunggelenksverletzung gerade rechtzeitig zurückmeldete und sein Comeback feierte. Während sich dieser Wechsel bereits seit einigen Tagen abgezeichnet hatte, meldete sich am Samstag auch noch Preußen-Urgestein Simon Scherder mit einer Magen-Darm-Infektion ab. Seine Position nahm Alexander „Ali“ Hahn ein, der bereits in Aue diese Aufgabe einnahm und besonders durch seine Zweikampfstärke zu gefallen wusste.
Doch nicht nur beim SCP vielen Spieler aus, auch 1860 mussten einige Spieler ersetzen. Wie ihren Kapitän und Abwehrchef Jesper Verlaat, der mit muskulären Problemen ausfiel, sowie Max Reinthaler, Manfred Starke und den Rot-gesperrten Marlon Frey.
Preußen im Glück
Nun aber zum sportlichen Geschehen auf dem Platz. Die ersten Minuten in dem mit 15.000 Zuschauern ausverkauften Stadion an der Grünwalder Straße verliefen mit ersten Torannäherungen auf beiden Seiten, ohne dabei die ganz zwingenden Chancen herauszuspielen. So kam es zum ersten Aufreger dieses Spieles erst in der 22. Minute, als Luca Bazzoli den Münchener Fynn Lakenmacher sehr unglücklich von hinten von den Beinen holt. Zum Glück aus Preußensicht zückte der Schiedsrichter lediglich die gelbe Karte. Damit war Bazzoli gut bedient, auch wenn es für unseren Trainer (natürlich) keine rote Karte für seinen Spieler war.
Dominante erste Hälfte
Als dann Mitte der ersten Halbzeit der strömende Regen einsetzte, kamen die Preußen auch immer wieder gefährlich vor das Tor von 1860-Schlussmann Marco Hiller. So verfehlte Malik Batmaz nach 27 Minuten noch deutlich das Tor, ehe sein Sturmpartner Jonny Grodowski fünf Minuten später den Ball nach einem langen Einwurf von Marc Lorenz aus der Drehung an die Latte setzte. Auch in den kommenden Minuten blieben die schwarz-weiß-grünen spielbestimmend und konnten sich einige hochkarätige Chancen herausspielen. Wie in der 35. Minute, als Yassine Bouchama den Ball im Aufbauspiel der 1860-Verteidigung in den Fuß gespielt bekommt, doch Hiller die Situation gerade noch entschärfen kann. Wenig später ist es erneut der stark aufspielende Hiller, der das 0:1 aus Löwensicht verhinderte, als er nach einem Fehler in der Abwehr Grodowskis Schuss stark parierte.
Somit freundeten sich die meisten Fans im Stadion schon mit einem 0:0 zur Halbzeit an, als Marc Lorenz noch einen Eckball ausführte. Dieser kam als zweiter Ball erneut auf seine Seite und unser Kapitän traf mit einem sehenswerten Schuss den Querbalken des Tores. Der zweite Alutreffer in dieser Halbzeit für den SCP. Doch ehe man sich über diese Tatsache ärgern konnte, kam Grodowski nach einem Pass von Bouchama erneut im Strafraum zum Schuss und drosch den Ball ins Tor. Es ist somit bereits das 15. Saisontor von Grodowski, der seine beeindruckende Quote in diesem Jahr fortsetzt. Die verdiente Pausenführung für den SCP, der hinten kaum Chancen zuließ und die beste Defensive der Liga das ein oder andere Mal vor große Probleme stellte.
Offensiver Schlagabtausch
Nach der Pause kamen die Löwen von Trainer Argirios Giannikis besser in das Spiel und konnten sich in den folgenden Minuten eine Feldüberlegenheit erarbeiten. Die in der 56. Minute dann zum 1:1-Ausgleich führte, als der erst vor zwei Minuten eingewechselte Joël Zwarts, nach einer Vorlage von Kilian Ludewig, traf. Eben jener Zwarts war es auch, der bei der Punkteteilung im Hinspiel den Treffer für 1860 München erzielte. Preußen-Keeper Max Schulze Niehues blieb ohne Chance. Doch anscheinend benötige die Preußenelf diesen Weckruf, um wieder selbst nach vorne Akzente zu setzten. So entwickelte sich ein offensiver Schlagabtausch, in dem beide Mannschaften immer wieder gefährlich vor das Tor kamen. Am Ende des Spieles stehen 10 Torschüsse bei 1860 und 19 bei den Preußen auf dem Spielberichtsbogen. Ein sehr starker Wert, der für eine äußerst unterhaltsame Begegnung sorgte.
In der 61. Minute war es erneut Grodowski, der sich nach einem tollen Solo gegen zwei Münchener durchsetzte, doch dann den Ball über das Tor setzt. Vier Minuten später sorgte ein Standard der Preußen für Gefahr vor dem Tor von den Münchener Löwen. Nach einer Ecke faustete Hiller den Ball weg und Sebastian Mrowca kam aus der zweiten Reihe zum Schuss. Doch auch diesen Versuch konnte der starke Keeper parieren. Auch auf der anderen Seite wurde es gefährlich, als Max Schulze Niehues den Rückstand nach einer starken Reaktion gegen Lakenmacher gerade noch verhindern kann.
Preußen bleibt oben dran
Doch wie es manchmal im Fußball so ist, klingelte es dann wenige Sekunden später auf der anderen Seite. Ein Schuss von Lorenz in der 69. Minute wird abgefälscht, ehe der Ball im 5-Meter-Raum Bouchama vor die Füße fällt, der in klassischer Stürmermanier nur noch einschieben muss. 2:1 für die Preußen! In der Folge sorgten viele Wechsel auf beiden Seiten dafür, dass der Spielrhythmus etwas verloren ging. Und das Team von Sascha Hildmann schaffte es, das Spiel souverän runterzuspielen und nicht mehr viel anbrennen zu lassen. Rundum war es ein sehr starker Auftritt unserer Adlerträger. Diese gingen nach dem Schlusspfiff sogar noch auf Tuchfühlung mit den mitgereisten Fans und traten die lange Rückreise aus München im ICE an. Für gute Stimmung in den Wagons dürfte das Spiel auf jeden Fall gesorgt haben.
So langsam aber sicher dürften selbst den größten Pessimisten die Argumente ausgehen, warum man es nicht vielleicht doch schaffen sollte – den großen Sprung. Klar, bisher sind die Mannschaft und auch die Fans gut damit gefahren, immer von Spiel zu Spiel zu schauen und das sollte auch so beibehalten werden. Doch der sechste Sieg in Folge und die ungeschlagene Bilanz in diesem Kalenderjahr dürften wohl einige im Preußenumfeld träumen lassen. Denn seit einigen Wochen könnte man ja zudem auch noch meinen, die Konkurrenz spielt zugunsten unserer Preußen.
Es macht Spaß, Preußenfan zu sein
Und spätestens in vier Wochen, nachdem die Spiele gegen Dresden, Regensburg und Ulm gespielt sind, wissen alle Preußen, ob wir Fans weiter träumen dürfen. Doch egal wie es am Ende der Saison auch ausgehen mag, ich kann für mich persönlich sagen, dass ich mich in den vergangenen Jahren an keine Zeit erinnern kann, indem es so viel Spaß gemacht hat, ein Preußenfan zu sein. Und dieser Spaß geht für uns auch in der Länderspielpause weiter. Denn am kommenden Samstag steht das Westfalenpokal-Halbfinale gegen die schwarz-weiß-blauen von der Alm an. Es könnte wahrlich schlechtere Vorzeichen geben für unsere Preußen.
Alle zusammen für Preußen Münster
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Die Daten zum Spiel
SCP: Schulze Niehues – Schad, Koulis, Hahn, Hahn, Böckle – Bouchama (81. Kyerewaa), Bazzoli (46. Preißinger), Mrowca, Lorenz (90.+2 Grote) – Batmaz (83. Wegkamp), Grodowski (83. Steczyk)
1860: Hiller – Ludewig, Glück, Kwadwo, Greilinger – Rieder, Steinhart (71. Zejnullahu) – Schröter, Guttau (80. Güler), Nankishi (52. Zwarts) – Lakenmacher (71. Ouro-Tagba)
Gelbe Karten: Glück (82.) / Bazzoli (25.), Schad (75.), Hahn (85.)
Tore: 0:1 Grodowski (45.+1), 1:1 Zwarts (57.), 1:2 Bouchama (69.)
Schiedsrichter: Marco Fuchs (Bergisch Gladbach).
Zuschauer: 15.000.